Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

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pinchApropos „Eroica“: Ich gebe da noch eine Einspielung in die Runde, die sogar jene von Leibowitz übertrifft: Hermann Scherchen mit dem Orchester der Wiener Staatsoper, 1958. Scherchen kümmert sich wenig um Metronomangaben, kracht mit Furor durch den ersten Satz und hält die gesamte emotionale Spannung die weiteren 3 Sätze konstant hoch (und breit). Wenn man seine Interpretation dieser 3. Symphonie gehört hat, erscheinen einem alle anderen merkwürdig zahm, zurückhaltend, ängstlich. Was nun aber nicht heißt, dass Scherchen willenlos drauflos haut. Seine archaische Interpretation hat sowohl Würde wie auch Weitblick. Schwer zu erklären. Ungefähr so wie einer mal über Billy Corgan schrieb: der Typ kann schreien ohne dabei laut zu werden.

Mist. Kenne ich nicht. Ich lege immer wieder einmal seine „Kunst der Fuge“ und die h-moll-Messe ein, sonst auch Mahler V, in der er rücksichtslos das Scherzo gekürzt hat. Na gut, jetzt habe ich ja überhaupt erst einmal wieder die „Eroica“ vor mir …

grünschnabelGenau. Kleiber. Siebte und Fünfte auf einer CD, gehört auf die Insel.

Aber allzusehr! Fast schon ein Grund, insularische Gelüste zu forcieren.

Gould sagte des Öfteren, dass er Beethoven und auch Mozart nicht mochte. Letzterer sei ihm zu hedonistisch. Und beide viel zu homophon. Aber er spielte nicht nur die eine Pastorale (op.68) traumhaft schön, sondern auch die andere (op. 28). Mir ist das so oft piepegal, was die Künstler über ihr eigenes Tun verlauten lassen.

Oh, die Sonate ist auch sehr fein – und das heißt: wirklich fein, zart, klar, rhythmisch-melodisch in einem Ausgleich, der selten ist.

Und das andere: Wenn Gould sagt, so habe ich mir angewöhnt, er könne einen Komponisten nicht leiden, dann lohnt sich das Anhören, also, wenn es dann von ihm etwas gibt. Und es ist mir dann auch egal, ob er da ein paar Änderungen vornimmt. Mir geht es da mit Gould wie von Lichtenberg gesagt wurde: Wo der einen Witz mache, sei ein Problem verborgen.

Aber noch notabene: Diese irren, wunderschönen Einspielungen etwa der Pastorale, das sind oft einfach mal Dinger für das Radio gemacht. Ohne die ganzen Schnipseleien, die man ihm gerne vorwirft (obwohl die ja auch kaum jemand hören kann, die Schnitte meine ich).

gypsy tail windDie „Eroica“ gleich noch einmal, mit Bruno Walter und dem Columbia Symphony Orchestra, zwei Jahre nach Schuricht eingespielt (1959). Ich höre deutliche Unterschiede, in den späten Fünfzigern wurde diese Musik wie es scheint anders angepackt, weicher, voluminöser klingen beide, Schuricht erwartungsgemäss auch etwas wärmer. Wieviel davon an den technischen Fortschritten, wieviel am Temperament des Dirigenten liegt, lässt sich wohl schwer sagen, aber das Werk beeindruckt mich nach wie vor sehr […]

Du bist da schon sehr viel weiter als ich mit meinen Hemmungen, die ich heute Abend immer noch nicht abgelegt habe – ich habe sie also noch nicht eingelegt. Aber da Du die Zeiten erwähnst, vielleicht nehme ich einfach Toscanini und Ozawa, die fliegt hier auch noch rum. Das dürfte hinreichend verschieden sein.

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