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Anonym
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Zur „Missa Solemnis“ … Ich weiß gar nicht, ob es eine Einspielung gebe, die sich überall erschließe, also diese Missa erschließe. Mir scheint das ein Werk zu sein, dass, nach Schnabels Wort, Musik ist, die besser ist, als man sie spielen könne. Sperriger auch. Verzwickter, mit vielen Erkern. Und darin liegt für mich auch ihre große, unbändige Faszination.
Einspielungen, die ich kenne, sind die von pinch genannte von Klemperer, Giulini, dann noch Böhm, Toscanini (er hat sie ja wie die anderen mehrmals eingespielt bzw. es gibt Mitschnitte, ich habe die mit Björling, bei der ich den seltsamen Eindruck, gelinde gesagt, nur teilen kann) – außerdem die frühe Karajan-Einspielung von 1958:
Mit Elisabeth Schwarzkopf, dem Glasapfel, aber hier für einmal nicht, Christa Ludwig, Nicolai Gedda und Nicola Zaccaria. Und einem wahnsinnigen Chor (Gesellschaft der Wiener Musikfreunde).
Und ich weiß gar nicht, ob ich das Spirituelle in diesem Werk möchte oder recht erkenne (womit ich nichts, aber auch nichts gegen Klemperer sagen möchte). Es ist natürlich da, aber doch reichlich säkular, was die musikalische Präparierung angeht. Vielleicht traue ich dieser Innigkeit auch nicht das Spirituelle zu, um das Pferd so aufzuzäumen. Es bricht ständig aus und dann kommt ja noch Beethovens zweites, aber kleines Violinkonzert im „Benedictus“ des „Sanctus“, Beispiel weltlicher Zärtlichkeit.
In der Bündelung der Stimmen, der Dramatik bei den „Cruzifuxus“-Worten ist das bisher für mich unübertroffen, Karajan zeichnet Pasolini-Töne über diesem unglaublichen Sängerquartett, der Chor vertieft die Szene, senkt sie ein und das „Et resurrexit“ stößt in alle Posaunen, die in und um Jericho herum verfügbar sind.
Was mir völlig fehlt bei diesem Werk, sind Leute wie Herreweghe, Harnoncourt, ich kenne sie nicht, leider, mit dieser Missa, zum Vergleich. Und Corboz, falls er das gemacht hat. Oder hoffentlich noch macht. Außerdem wäre auf meinem Wunschzettelchen noch Mitropoulos. Und, um zurückzukommen, gypsy, Furtwängler. Was sagt der Schuhkarton dazu?
Das „Agnus Dei“ ist unfassbar in dieser Karajan-Einspielung. Gedda ist mir manchmal zwar fremd und ich wünschte mir Wunderlich. Aber dieses „Miserere“, dieser Zusammenklang mit dem Chor ist für mich bisher einzig. Das „Dona nobis pacem“ ist eine schwierige Sache; weil sie ja vorgeschrieben ist, wie kommt man in den Friedenswunsch nach den verzweifelten Bitten? Gut, ist eine andere Geschichte. Beethoven hat hier vielleicht den Kollaps, befriedigt, komponiert.
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