Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

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gypsy-tail-wind
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Dass ausgerechnet der einstige Bürgerschreck Paul Hindemith am Anfang der historischen Aufführungspraxis stand … diese Doppel-CD war ein Zufallsfund vor ein paar Wochen, und nachdem ich jetzt die drei „ordentlichen“ Orfeo-Einspielungen aus meinem Archiv (;-)) alle wenigstens einmal gehört habe, nehme ich jetzt ein Ohr voll von dieser Aufführung, die Hindemith im Juni 1954 in Wien einrichtete und zweimal spielte – mit Mitgliedern der Wiener Symphoniker, die zu grossen Teilen auf Instrumenten aus der Sammlung eines ihrer Streicher spielten: Nikolaus Harnoncourt. Die Instrumentierung Hindemiths ist nach heutigen Gesichtspunkten wohl oft nicht ganz korrekt (so verdoppelt er reine Streicherpassagen oft Bläsern und Continuo, arbeitet überhaupt oft mit Mischklängen) und ersetzte die beiden Zinke nach einem ersten Hören (zwei Musiker hatten sich monatelang damit abgemüht) kurzerhand durch Englischhörner, weil er mit der Spielqualität nicht zufrieden war. Mehrstimmige Gesangspassagen werden zudem chorisch besetzt, es sei denn, Monteverdis Ausgabe von 1609 verlange ausdrücklich nach Einzelstimmen.

Allerdings – Harnoncourt bezeichnete diese Aufführung als ein Initialerlebnis, siehe das Zitat auf dem Cover – steckte Hindemith mit seiner Musizierfreude und seiner Entdeckerlust alle Beteiligten an.

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