Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

#8420585  | PERMALINK

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otisIch bin von früher her aus finanziellen Gründen kein großer Vergleicher gewesen, habe deshalb stets versucht, „Referenz“-Aufnahmen zu kaufen. Dabei mag ich die hochgelobte Perlman/Zukerman-Aufnahme nicht sonderlich. Ich weiß gar nicht, was ich empfehlen würde.

Kann ich gut nachvollziehen, obwohl ich, auch mit ziemlich bescheidenen Mitteln, früh zu vergleichen begonnen habe. Nicht bei jedem Werk allerdings, diese grundsätzliche Offenheit für andere Interpretationen der „Lieblingswerke“ als die bereits gefundene kam erst später, d. h. die Wahrnehmung, dass es immer mehrere „Referenz-Aufnahmen“ gibt und auch, dass die Verunsicherung, die darin liegen könnte, die eigentliche Bereicherung ist. Ob ich mit Liszt etwa Francois, Ogdon, Cziffra oder Arrau höre: das ist inzwischen ein kommunikatives Karussell, auf dem mir für einmal nicht schwindlig wird.

Sinfonia Concertante: Perlman hat mich nie sehr interessiert (nach Mozart und Bach), die Aufnahme kenne ich nicht; aber die mit Stern und Zukerman und die ist mir doch weit oben. Überhaupt höre ich Zukerman gern, gleich, ob an der Violine oder an der Viola. Er hat Atem. Gerade wieder gehört auch Heifetz und Primrose, mit Begeisterung; Heifetz kommt geradezu hüpfend in das Werk, nachdem das Orchester einen flotten Jahrmarkt aufgemacht hat.Großer sanfter Tanz! Und im zweiten Satz ohne Ausruhen im Gefühlsteppich, sondern ein Spiel, das dem Hörer zutraut, dass er ihn selbst findet. Andere Leute, die ich gerne höre: Szeryng/Giuranna mit Gibson; Grumiaux/Pelliccia mit Davis.

die Gran Partita 361, auch ausgesprochen gut mit Furtwängler.

Die habe ich irgendwann mal mit ihm gehört, leider nie selbst besorgt. Furtwängler, der analysiert aber im Sound schon sehr. Gerade, dass er, mit Deiner Unterscheidung zu sprechen, beides hat, fasziniert mich an ihm immer wieder – obwohl ich von Sound nicht sprechen würde.

Nielsen und „das Unauslöschliche“ (die 4. oder 5.?) lohnt sich aber unbedingt.

Keine Ablehnung Nielsens von mir, weil er mir einfach bisher entgangen ist. Aber „das Unauslöschliche“ werde ich mir merken.

gypsy tail windDer Witz am ganzen ist, dass das akkordische Spiel leichter fällt, das lineare dagegen schwieriger wird – gerade bei den Bach Solo-Stücken ist das doch interessant, oder? Die zwei Melodien, die Szigeti zugleich hinzaubert – warum nicht ein wenig am Instrument manipulieren (hat Gould mit seinem Flügel ja auch gemacht, gerade für Bach)!

Gegen Manipulationen technischer Art habe ich überhaupt nichts, weil jedes Instrument eine Manipulation ist, oder jeder Klang eine Manipulation des imaginären Tons. So ist das Leben halt, man muss es nicht Manipulation nennen, Vielfalt und Freude wären lieblichere Synonyme.

Bei dieser Aufnahme mit dem Rundbogen, die ich erwähnte, habe ich keine feineren Akkorde gehört, obwohl das alles sehr einleuchtend ist. Schnabel ist auch so ein Mann, der die einzelnen Töne in den Akkorden differenzierte, aber das ist beim Klavier technisch ja auch leichter, zunächst einmal. Dass Szigeti trotzdem wie mit zwei Geigen zu spielen scheint, liegt, habe ich mal gelesen, an einer akustischen Täuschung des Ohrs. Die spielen das schon linear, es bleibt ihnen ja auch nichts anderes übrig in der Zeit, für das Ohr aber, diesen kleinen lieben Teufel, legen sich die Akkorde übereinander und werden eins in der Doppelheit. Hört sich etwas bescheuert an, wie ich das hier sage, ja.

Die Flügel-Manipulationen von Gould gehen natürlich in die gleiche Richtung, aber gerade er ist ja der Beweis, dass die Manipulation des Instruments nicht genügt. Da muss dann eben noch ein Mann oder eine Frau kommen, die die Manipulationen spielen können.

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