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clasjazDein Überlaufen zu Chopin kann ich gut verstehen. Im Vergleich der Einspielungen von Cziffra und Samson F. frage ich mich auch einige Fragen. Cziffra hat eine Souveränität in den Fingern gegenüber dieser Liszt-Musik, die sie nicht zurechtschnörkelt oder schlicht triumphierend ausspielt (bei Liszt stellt sich mir oft die Assoziation des Triumphes ein und ich kann nicht sagen, dass sie mir angenehm ist), ich dachte bei Cziffras Spiel an – eben: Chopin.
François macht es vielleicht umgekehrt. Bei Cziffra höre ich, dass er Liszt spielt, bei François, Samson nicht. Er geht in die Ungarischen Rhapsodien hinein wie mit dem Traktor, natürlich hat er ein gutes Modell, mit dem er das wagen kann. Er pflügt das alles durcheinander, als ob er zeigen wolle: Chopin war schon da. Cziffra zeigt das auch, aber er ärgert sich nicht darüber wie SF.
Und die bestellte CD kam auch schon, italienisches Billiglabel (Urania), wohl nicht ratsam, aber was soll’s … Beethovens Polonaie in C Op. 89, das Rondo in G Op. 129, die 32 Variationen in c-moll WoO 80, Schumanns „Carnaval“ Op. 9, sowie Liszts Klavierkonzert (Paris Conservatoire, Pierre Dervaux), aufgenommmen 1967/57 (Beethoven) und 1957 (Schumann, Liszt).
Rätselhaft. Aber mir ist der Gedanke freundlich, dass eine Interpretation nicht das Gloria der Identifizierung mit einem Werk sein muss. Dass es Ironie im Spiel geben könne, die, wenn sie nicht plump auf den Plan tritt, eine ganz eigene Art der Wertschätzung ist.
Wir hatten das ja schon kurz unter uns besprochen, das was Du „Triumph“ nennst, nannte ich unbeholfe das „Pompöse“ – und ja, das löst auf alle Fälle ein Unbehagen aus, immer wieder, leise, aber aufdringlich.
Der Gedanke mit der Ironie – ja klar, warum nicht! Eine „verbesserte Ausgabe“ gewissermassen, die auch mal den Finger auf einen wunden Punkt legen kann, eine Schwäche offenbaren im Werk, oder eben dieses Unbehagen irgendwie ausdrücken.
Mehr Cziffra wollte ich – der Besuch im Antiquariat erwies sich als erfolgreich, es dreht diese Scheibe auf meinem lieben alten Lenco:
Weil das Cover (das ich nach mühsamem Suchen überhaupt erst fand) schlecht ist: Da gibt’s zum Auftakt Rameaus „Tambourin“, dann Schuberts Militärmarsch, Mendelssohns Scherzo, von Chopin den Walzer No. 6, die Nocturne Op. 9 No. 2, die Prélude No. 16 Op. 28, von Liszt die „Campanella“ (Etude Nr. 3 nach Paganini), auf Seite 2 dan Gounods Faust-Walzer (arr. Liszt), Griegs „Papillon“, eine Rachmaninov Prélude (Op. 23 No. 5), aus dem ersten Buch von Debussys Préludes „La fille aux cheveux de lin“ und zum Abschluss Rossinis „La Danza“ (arr. Cziffra). Von wann diese Aufnahmen stammen, weiss ich nicht, mal die französischen Liner Notes lesen, auf den ersten Blick ist nichts zu erkennen.
Zudem fand ich noch zwei weitere Cziffra-LPs, eine mit Chopins Polonaisen und „L’extraordinaire Gyorgy Cziffra“ (Philips, die erste eine deutsche, die zweite eine französische Ausgabe). Auf der zweiten findet sich ein Chopin-Programm (drei Walzer, drei Etuden, eine Ballade, eine Polonaise), das dann mit zwei Stücken von Liszt (Caprice poétique „Un sospiro“ und Polonaise No. 2) abgeschlossen wird – werd ich gleich als nächstes hören, die beiden, bin sehr gespannt!
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