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clasjazDas Klarinettenkonzert gehörte für mich immer zu den Werken, die unspielbar seien; es ist selbst in der „schlechtesten“ Aufnahme sofort da, aber eben so oft nicht wirklich. Es verleitet zur Übertreibung, wie es scheint. Liegt das daran, dass in ihm – und die Wahl der Klarinette dürfte nicht zufällig sein – die „Sprache des Gefühls“ so ungehemmt ist, dass sie ständig und leicht verwischt wird, wie das eben so ist?
Die Einspielung mit Entremont und Portal war für mich eine Offenbarung, eine endliche Möglichkeit, das Werk zu hören, ohne mich nachher zu fragen, was da schief gelaufen sei in den Ohren. Es ist ein Werk, das es gar nicht gibt, völlig imaginär, voll von Segeln, ich wusste nie, wie das zu spielen sei. Dass es ein Jazz-Mann ist, der das kann – wundert mich nicht, aber Portal hatte ja auch eine klassische Ausbildung. Hier sind alle, das Orchester und Portal, in einer aufgeschlossenen Intimität, ohne sie zu übertreiben, die, wenn man das im Winter hören würde, wohl alle Scheiben zerkratzen würde. Es ist die Zurückhaltung, der feine und ferne Klang in jedem Ton.
Es ist bei mir etwa fünzehn Jahre her, dass ich mich spielend mit dem Konzert beschäftigte (spielend ging das allerdings nicht, man vergebe mir den Kalauer). Nach einer Aufnahme gesucht habe ich bis vor ein paar Wochen allerdings nicht und mich gefragt, wie diese Aufnahme denn klingen müsste ebensowenig. Ein anderer Jazz-Mann, der u.a. bei Aaron Copland ein Klarinettenkonzert in Auftrag gegeben hat – auf dem Manuskript stand dann „1st version —later revised— of Coda of Clarinet Concerto (too difficult for Benny Goodman)“ -, hat Mozarts Konzert 1956 auch aufgenommen, aber diese Version, die ich oben schon erwähnt habe, passt auch nicht so recht.
Der feine, zurückgenommene Ton Portals und überhaupt die Zurückhaltung bei trotzdem sehr beschwingtem Spiel des Orchesters gefällt mir auch immer besser. Der Kontrast, als ich die Aufnahmen unmittelbar nach jener von Goodman hörte, ist jedenfalls ziemlich krass.
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