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:director: Vorsicht! Jazz! :zitter:
Miles Davis – Electric red (P. Mikkelborg); Aura, 1989.
Wiederholt habe ich den Dänischen Kulturkanon erwähnt, eine durch eine Jury bestimmte Auswahl von jeweils zwölf nationalen, erinnerungswürdigen Kulturgütern in insgesamt neun Kategorien. Da findet sich unter „Populärmusik“ erstaunlicherweise das Album „Aura“ von Miles Davis. Wie kam es auf diese Liste?
1984 sollte Miles Davis den dänischen
Léonie-Sonning-Musikpreis erhalten. Nachdem er zuerst ablehnte, war er, nachdem er mit der Liste der bisherigen Preisträger konfrontiert wurde, ungemein gerührt und geschmeichelt. Er war der erste Nicht-Weiße und dazu der erste, der nicht aus dem Bereich der Partiturmusik kam, wie der Dänische Kulturkanon die andere Musik zur Popmusik abgrenzt. Ein passender Begriff übrigens – so ganz off topic! Das die Vorgeschichte von „Aura“!
Und nun die Hauptgeschichte: Zu jeder Léonie-Sonning-Musikpreisverleihung gehört ein Konzert des jeweiligen Preisträgers. Der dänische Jazzmusiker und Flügelhornist Palle Mikkelborg schrieb daraufhin ein Konzert, bestehend aus, wenn man so will, zehn Sätzen, die für die zehn Buchstaben in Davis’ Namen stehen und für zehn Farben des Spektrums, die alle den Geist Miles’scher Musik einfangen – Aura. Das Ganze wurde mit der Danish Radio Big Band eingespielt, Miles Davis holte den zur gleichen Zeit in Kopenhagen gastierenden John McLaughlin dazu – und legte auf Mikkelborgs Partitur sein improvisiertes Trompetenspiel – eine wunderbare Fusion! 1985 aufgenommen, erschien es erst 1989 auf Schallplatte – das Ende von Miles Davis’ langjähriger Zusammenarbeit mit Columbia Records. Ihr hört nun „Electric red“ – eine Variation des „Red“, das verschleppter das gleiche Thema ist. Und Miles Davis’ hielt diese Einspielung für eins seiner Meisterwerke – zu Recht! Nach „Bitches Brew“ ist „Aura“ sicherlich das zweitwichtigste Werk nach den 50ern und 60ern. Und nach Miles Davis bekam kein weiterer Künstler der Populärmusik den Léonie-Sonning-Musikpreis, und außer dem chinesisch-amerikanischen Cellisten Yo-Yo Ma waren alle Preisträger weiterhin weiß.
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Say yes, at least say hello.