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THE CHERRY THING ist ein spannendes Album, das auch Non-Jazzer in den Bann zu ziehen vermag. Mich selbst hat nicht zum ersten Mal die Stimme von Neneh Cherry angelockt, bei der stets auch ein Hauch von Billie-Holiday-Tristesse mitzuschwingen scheint. Vollends in das Album hineingezogen haben mich dann ein präzises Schlagzeug, aber vor allem ein wunderbar gezupfter Kontrabass (sowieso ein großartiger Klangkörper). Überhaupt eine ganz vorzügliche Rhythmus-Gruppe.
Wenn Saxophonisten ihr Mundstück hinten und das Hörnchen vorne zur Umsetzung der Urschrei-Theorie auf Musikinstrument-Basis verwenden, finde ich das als Hörerin eigentlich wenig begeisternd. Auch auf THE CHERRY THING gibt es solche Momente. Das Saxophon-Solo in SUDDEN MOVEMENT tut diesem Song nicht gut (wobei mir klar ist, dass Free-Jazz-Fanatiker und Therapeuten dies ganz anders hören). Nicht nur im Opener CASHBACK gelingt es andererseits dem auf Albumlänge stets präsenten Saxophon ein Gegengewicht entgegenzustellen. Neben dem bereits erwähnten SUDDEN MOVEMENT empfinde ich nur das caravaneske GOLDEN HEART als ebensolche Enttäuschung. Bleiben also sechs großartige Hörerlebnisse.
Dass sich kontrolliertes und im positiven Sinn überwältigendes Chaos auch anders entfalten kann, zeigt sich auf diesem bemerkenswerten Album auch. Kraftvoller und sinnlicher als in DIRT kann man ein Festbankett wohl kaum abräumen, um selbst zum Fest zu werden. Nicht weniger elegant, jedoch in anderem Licht oder besser gesagt in der Schwärze eines Film Noirs zeigt sich ACCORDION. Der Kontrabass hat hier für mich seinen schönsten und anziehendsten Auftritt.
Als weitere Highlights empfinde ich das dschungelhafte DREAM BABY DREAM. Als Song ein wilder Wolfsjunge oder ein Nachfahre von Bogus man, mit einnehmender Melodie und einem scheuen Xylophon, das sich nicht aufdrängen will. Bei TOO TOUGH TO DIE wandelt Cherry auf Ono-Pfaden; musikalisch werden positive Erinnerungen hervorgeholt, die mich an ein liebgewonnenes Zwischenetage-Album mit Nashornkäfer, aber auch an den purpurnen König (nur ohne Violine) denken lassen. Mit WHAT REASON – eine Art Reminiszenz an (SOMEWHERE) OVER THE RAINBOW – endet diese Reise schließlich im Wunderland der Liebe: “How many times must I die for love, only when I’m without you”. Schön. Ein Werk, dass man regelmäßig gießen sollte, um es wachsen zu hören.
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