Re: Irrlichts Introducing

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irrlicht
Nihil

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Jan LustigerSo nun auch geschehen auf zeit.de.

Sorry, Jan, ich hatte das total übersehen.

Aber ehrlich gesagt: Mich ärgern solche Texte meist mehr, als dass sie mich weiterbringen. Ich finde er zählt noch zu den Besseren, aber so richtig tiefgehend finde ich das alles nicht. Dazu ist die Darstellung auch zu einseitig.

Ich höre weder etwas im „Bürgerlichen verharrendes“, noch entspannten Jazz, der wie „Wohlfühlmusik wirkt“, noch nehme ich Lamar als beifallhaschenden Generationsprecher wahr. „Präsidentenanrufer“? Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt – Obama hat vermutlich wahnsinnig vielen Menschen, die ihre Unterdrückung täglich spürten und noch heute spüren, Hoffnung gegeben, ich erinnere mich noch daran, wie damals sein Gesicht mit Krone oder Heiligenschein erschien. Einem Musiker wie Lamar, der nicht zwischen Capuccino in Düsseldorf und Tennis mit Brigritte aufgewachsen ist, einen Strick aus diesem Treffen zu drehen, ist nun schon selten doofe, zynische und ja bildungsbürgerliche Polemik (und oh, auch noch der Bono Vergleich, wie originell). Ansonsten höre ich viel schnöde Argumente: So wird ein erwarteter Friedensnobelpreis zum KO Kriterium, Moral und Werte zu fahlen Empfindngen, Gottesfürchtigkeit zu lächerlichem, zynischen Optimismus.

Ich habe seine Äußerungen nicht als Moral verstanden und ihn nicht als Sprachrohr, gerade das kann man doch aus „Mortal man“ oder „The blacker the berry“ lernen: Die Aufarbeitung von Rassismus kann nicht in einer Drehung der Verhältnisse bestehen, es geht um keinen Machtwechsel, keinen Vergeltungsschlag. Und das Zitat, das er aus dem Interview herauspickt, finde ich viel zu umfassend, als dass man es mit ein paar plumpen Worten ins Lächerliche ziehen könnte. Ich kann mir vorstellen, dass Lamar hier bewusst auf eine Hinnahme der „Opferrolle“ anspielt, bewusst an die Stärkung der eigenen Identität appelliert, auch in seinen Lyrics feststellt, dass schwarzer Rassismus und Hass gegen die eigenen Leute fürchterlich ist. Man kann das als nichtssagenden Pazifismus (oder Relativierung) abtun, der keine Lösungen anbietet. Das mag sein. Ich vermute, die gibt es bei diesem Thema aber auch nicht.

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Hold on Magnolia to that great highway moon