Re: Irrlichts Introducing

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nikodemus

Registriert seit: 07.03.2004

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Carrot Flower

Wie aus all dem eine schlüssige Deutung werden soll, wird uns nikodemus verraten, ich freu mich drauf :-)

Freu dich nicht zu früh, wie schlüssig deine Hypothesen sind, kann ich dir nicht sagen, leider konnte ich Callahan immer noch nicht dazu interviewen. Vieles habt ihr ja schon vorweggenommen und beschrieben, „Red Apples“ wird sich nicht so einfach entschlüsseln lassen, dafür bieten die drei Verse zu wenig Greifbares. Auch wenn Callahan natürlich nur allzu gerne mit Metaphern und Bildern arbeitet, hab ich den Track immer weit weniger komplex aufgefasst.

Die müden Akkorde werden mit der recht hohen, jugendlichen Stimme Callahans durchkreuzt. Die getragene Musik erinnern mich an ein Begräbnis, wozu – wie Go1 richtig schrieb – die gespenstische Orgel ihr wesentliches dazu beiträgt. Vor meinem Auge sehe ich Callahan, wie er die Leiche eines Mannes (des Ehemanns) in einem Sack in Richtung eines Flusses zieht, um ihn dort zu verscharren. Den rote Apfel deute ich auch als Verführungsmoment der Witwe, sie hat ihren Geliebten dazu gebracht, ihren Mann zu ermorden (bzw. hat ihn selbst ermordet). Die Witwe ist hier die Schlange und der liebestrunkene Callahan nur ihr Spielzeug, deswegen schläft er in ihren „black arms“: das Schwarze, welches für das Böse spielt, die Arme, mit denen die Witwe evlt sogar selbst ihren Mann erdrosselt hat. Der Schlaf, der Jahrhunderte lang andauerte, war für mich eine Überspitzung der langen Zeit, in denen die Witwe und Callahan schon den Ehemann hintergangen.

Auch wenn ich keine Hinweise dafür finde, dass BC das Schlagzeug damals schon ähnlich absichtlich eingesetzt hat wie auf seinen späten Alben (großartiges Beispiel wie die Drums die Botschaft eines Songs unterstreichen ist das einpeitschende „Drover). Die Betonung der Drums lieferte mir einen Hinweis darauf, dass der Ehemann auch möglicherweise erschossen wurde. Die Zeilen „I gave her nothing in return/ she wanted nothing in return“ spielten für mich auch auf die Ermordung an: Sie hat ihren Ehemann umgebracht, damit sie und Bill endlich zusammensein können, er hat ihr im Gegenzug nichts dergleichen bieten können. Sie hat das Opfer gebracht, er ist der Profiteur. Wenn später der Geist ihres Ehemannes mit karrenweisen Äpfeln erscheint, will dieser möglicherweise einen der beiden verführen, den anderen zu ermorden. Die späte Rache des Geistes.

Was mir beim Nachhören besonders auffällt ist diese hohe, fast zärtliche und naive Stimme Callahans. Hier klingt nichts aggressiv, zornig oder wütend, sondern jugendlich leichtsinnig, als hätte er sich auf ein Spiel eingelassen, welches ihm selbst nicht ganz geheuer ist. Er tastet sich ja förmlich in die Texte hinein, balanciert mit diesen hohen Tönen, doch fehlt im die Kraft diese lange auszuhalten.

Go1

der Geist des toten Ehemanns tritt auf; und das Bild der Fülle, die den beiden Lebenden zuteil wird, ist ins Riesenhafte gesteigert: Der Karren, den der Geist heranschleppt, enthält nicht nur ein paar hundert oder tausend, sondern Millionen rote Äpfel. So sind die beiden am Ende vereint – in einem schönen Traum.

Ja, aber klingt das Ende für dich, als würde ein Traum in Erfüllung gehen, als wären die beiden Lebenden glücklich vereint? Ich empfinde das Ende mit der immer dominanteren Orgel eher unheimlich wahr, als würde am Ende der Reise Unheil und kein Glück stehen.

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and now we rise and we are everywhere