Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe

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anachronist

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Originally posted by Napoleon Dynamite@20 Apr 2004, 08:25
schreib da bitte mal bei gelegenheit deine meinung. würde mich interessieren (gerne auch nur als pn).

Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: Welche Absicht verfolgt der Regisseur mit diesem Film? Dann: Für welches Publikum hat er diesen Film gedreht? Wäre der Film nicht besser geworden, wenn er die Gewalt nicht derart explizit gezeigt hätte?

Ich mag Hanekes „Funny Games“ und Seidls „Hundstage“ sehr. Ich fühle mich von „Irreversible“ ebenso wenig vor den Kopf gestoßen, wie von den erstgenannten. Jedoch fehlt mir an „Irreversible“ eine gewisse Glaubhaftigkeit, und zwar in der zweiten Szene, der im Club, die ich mangels Erfahrung als unnötig übertrieben bezeichnen würde. Ich wäre gewiss nicht schockiert, wenn man mir versichern würde, daß es vergleichbare Situationen in der realen Welt schon gegeben hat.

Dennoch: Da wehrt sich der Beschuldigte, indem er mal soeben dem Angreifer den Arm bricht und diesen vergewaltigen will, nur um daran gehindert zu werden, indem er vom Freund des Angreifers grausam getötet wird, und all das unter den Augen von ca. zwanzig zuschauenden Clubbesuchern, die sich nicht einmischen.

Wenn Noé dem Zuschauer um jeden Preis die schlimmen Seiten des Lebens bzw. des Sterbens zeigen will, macht er dies, um das Publikum zu schockieren, oder läuft er nicht eher Gefahr, durch die ungeschönte Darstellung eine Abhärtung/Gleichgültigkeit des Publikums zu bewirken? Will Noé den Zuschauer in die Rolle des passiven Clubbesuchers versetzen?

Zur Aussage der Erzählstruktur des Films: Mache das Beste aus der Gegenwart, denn die unmittelbare Zukunft könnte schlimmer kommen, als du es dir jemals hättest vorstellen können?

Zur Kamera: Im Kino wäre mir während der ersten halben Stunde schlecht geworden. (Da hätte es der verwendeten Subbässe nicht mehr bedurft.)

Insgesamt bin ich mir immer noch nicht sicher, was ich von dem Film halten soll. Ist der Schluß nun wunderschön, oder ist lediglich die Musik passend gewählt, und die dabei vermeintlich empfundenen Emotionen sind nicht nur Ausdruck einer kitschigen Gefühlsader?

Die technische Seite des Films ist unwidersprochen beeindruckend, die Schauspieler machen ihre Sache.

Doch was ist der Zweck dieses Films?

Fragend,

Anachronist

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Die eigene Schönheit verblasst immerzu im Angesicht der Schönheit der Geliebten.