Re: MICHAEL KIWANUKA – Home Again (09.03.’12)

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captain-kidd

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Hier mal mein schon an anderer Stelle gepostetes Track-by-Track-Review

1. Tell me a tale

Luftiger und jazzinfizierter Soulpop mit Marvin-Gaye-Streichern und Rahsaan-Roland-Kirk-Flöten Der Stimmungswechsel von den Strophen zum Refrain ist genilaistisch. Schönes Freejazz-Solo zum Ende hin. Bester Track des Albums. 10/10

2. I’m getting ready

Die beiden Strophen sind einfühlsamer Folk, der sich ausgiebig beim Rhythmus von „Corrina, Corrina“ von Bob Dylan bedient. Die End-Bridge ist dann schmachtvoller Country-Soul der extra cremigen Sorte. Leider ist der Song dann schon zu Ende. Aber auch so: 10/10

3. I’ll get along

Klingt in etwa wie die Verschmelzung der ersten beiden Tracks. Folk und Soul in flötiger Umarmung mit hingetupften Streichern, einer plärrenden Sitar und einem enorm kraftvoll luftig klingenden Schlagzeug. Entspannte Entspanntheit. Am Ende gibt es dann einen Sing-along mit Fade-out. 10/10.

4. Rest

Herz-Schmerz-Ballade, die trotz des „rest your head on my shoulder“-Textes berührt. Vor allem durch die umschmeichelnde Karamell-Stimme aber auch die an- un abschwellenden Streicher. 8/10

5. Home again

Wieder eher Dylan als Gaye. Aber Curtis Mayfiled hat ja auch Gitarre gespielt. Zartes Folkpicking, und ich liebe den Schlagzeugeinstieg und die Stimmendopplung nach etwa einer Minute. Gibt dem Song irgendwie ne dramatische Wendung. Vom vereinsamten Leiden hin zur kämpferischen Melancholie. Alles was bei Amos Lee mit der Zeit langweilig wurde und bei Jack Johnson immer schon war, fühlt sich hier richtig an. 10/10

6. Bones

Gelungener Doo-Wop-Country-Shuffle der zum Tanz der Moleküle auffordert. Mag die metallern klingende Stimme bei 1:20. Bohrt ein wenig das ansonsten eher herrlich träge Gesamtbild des Albums auf. 8/10

7. Always waiting

Folkpop-Ballade mit noch leichten Doo-Wop-Echos und Townes-Van-Zandt-Anleihen in der Dramatik. Schönes Pling-Pling-Piano und retroeske schnarrender Bass. Herzlich. 9/10

8. I won’t lie

Sehr orchestrales Gebet, das mich ein wenig mit Tonartwechseln überfordert. Berührt mich irgendwie nicht wirklich. Eiert permanent zwischen Uganda und Hollywood umher. Schöne Bridge aber bei etwa zwei Minuten, danach jedoch zielloses Instrumental mit klischeehafter regennasse-Straße-Trompete. Nein. 5/10

9. Any day will do fine

Tex-Mex-Ballade, die mich ratlos zurücklässt. Toll gesungen, klar, aber das war es dann auch schon. Mir zu tarantino-mäßig. 6/10

10. Worry walks beside me

Zum Abschluss hat Kiwanuka den Blues. Mir dann aber doch ein wenig zu plakativ. Der Refrain ist natürlich herausragend gesungen, aber der Song ist leider nicht stark genug als Abschluss eines starken Albums. Toll sind aber die What’s-Happening-Brother-Chöre. Etwas unentschlossen. 7/10

Fazit: Auf der Zielgeraden verschenkt Kiwanuka die Möglichkeit, ein herausragendes Debut rauszuhauen. Unverständlich, warum er so schwache Songs wie I won’t lie aufgenommen hat. Musste es am Ende zu schnell gehen? Hätte die unglaubliche Klasse der ersten drei Songs gehalten – es wäre gar nicht auszuhalten. So bleibt ein wirklich tolles Debut, das sich irgendwo zwischen Soul und Folk positioniert. Bleibt Kiwanuka zu wünschen, dass er damit Erfolg hat. Ich fürchte aber, dass das leider nichts wird. Denn die stärksten Singles sind ja schon veröffentlicht. Er wird trotzdem bleiben. Und vielleicht irgendwann ein Meisterwerk veröffentlichen. 8/10

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