Re: Steven Bernstein

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gypsy-tail-wind
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Bernstein tanzt eben vor allem – ich glaub das ist das übergreifende Element bei ihm. Ellington machte ja auch oder (auch) Tanzmusik, und da fängt’s bei Bernstein gewissermassen an. Von da weiter zu Bar Mitzvahs, Freilachs, zur Salsa und zum Funk, und für einen Abstecher nach New Orleans ist auch immer noch Zeit…

Sex Mob ist nicht einfach eine postmoderne Nonsens-Band, auch wenn das manchmal so scheinen mag (das einzige Album, das ich von ihnen kenne, aber nicht besitze, liess mich auch solches Vermuten). Sex Mob ist tief in Ellington drin, macht filmische Musik in Suitenform, in der durchaus Raum für Ernsthaftigkeit ist – so erlebte ich es jedenfalls im Konzert in Köln und auch in einigen ROIOs (falls Du Interesse hast, ich hab da einiges, auch – gestern grad auf einer externen HD gesehen – eine Live-Version von Diaspora #4, mehr gerne per PN). Wenn daneben mit Nino Rota geschäkert wird oder mit John Barry geliebäugelt wird, dann bietet das für Bernstein und seine Hawara die willkommene Gelegenheit, ihrem Temperament freien Lauf zu lassen (und gerade im Fall von Altsaxophonist Briggan Krauss will das auch was heissen – wilde, noten- und gestenreiche Ausbrüche, die soweit ich weiss nicht nur für mich sondern auch für redbeans zu den eindrücklichsten Momenten des Kölner Konzertes gehörten).

Shapiro hat zwei Alben in identischer Besetzung aufgenommen, „Midnight Minyan“ und das meiner Ansicht nach noch etwas bessere „It’s in the Twilight“ (schon der öffnende Romp durch „Light Rolls Away the Darkness“, ein Traditional, haut mich noch immer, auch nach Jahren, jedes Mal um). Shapiro scheint seit über zwei Jahrzehnten im Geschäft zu sein, spielt auf jeder Hochzeit (buchstäblich, und wohl vornehmlich jüdisch) und ist mit Funk und Soul grossgeworden – was wohl bei Bernstein nicht anders ist (ich glaub die beiden kennen sich seit ihrer Jugend). Peter Apfelbaum wirkt als dritter Bläser mit (wie Shapiro nur auf dem Tenor – Bernstein gibt in den Kommentaren zu „Diaspora Soul“ ja Hinweise auf die Solisten, ich hab auch noch nie richtig versucht, Apfelbaums Beiträge zu den Shapiro-Alben rauszuhören). Shapiros drittes Tzadik-Album trägt den Titel „Essen“ und war glaub ich Anlass fürs Interview mit ihm, das ich im Sterne-Thread verlinkt und zitiert habe – ich kenne die Scheibe nicht, Bernstein ist dort nur noch als Gast gelistet bei Allmusic… muss sie mir mal besorgen!

Die beiden grandiosen Alben von Roberto Rodriguez erwähne ich hier jetzt nur einfach so… da kommt dann die kubanische Diaspora noch mit dazu und es spielen Sidemen wie Matt Darriau, David Krakauer, Apfelbaum, Mark Feldman, Jane Scarpantoni oder Craig Taborn mit. Mehr dazu im Tzadik-Thread, den redbeans mal eröffnen sollte ;-)

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