Re: Gustav

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patriktroll

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Verlass die Stadt (***)

Ein Album, welches ich eigentlich nicht bewerten sollte. Auch ich erkenne das große Talent und das unbestrittene Können dieser Frau, doch ich komme nicht wirklich in ihre Musik und ihren Kopf. Woran mag das liegen? Erstens fühle ich mich sehr alt, wenn ich ihr beim Besingen ihrer Themen zuhöre, aber es hätte wohl auch mit Anfang 20 nicht gefunkt. Und zweitens ist mir Eva Jantschitsch zu normal. Ihr fehlt das ernsthaft Durchgeknallte, das bewusst Abgekapselte einer Jovanka von Wilsdorf oder eines Jochen Distelmeyer (in diesem Alter). (Zudem fallen Wilsdorf bessere Melodien ein.)
„Abgesang“, der erste Track, setzt die Platte auf ihr Geleis. Jantschitsch bekennt sich „schuldig“ (für was auch immer):

„Ich habe beschlossen
Ich gehe konform
Ich stelle mich richtig
Entspreche der Norm.“

Das ist eindeutig und nicht ironisch zu verstehen. Das sagt auch kein Stellvertreter-Ich, das sagt sie. Ein „Abgesang“ eben. Sie spricht wahrscheinlich vielen in ihrem Alter aus der Seele, die sich aufmachen müssen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Jantschitschs Themen finden in der sogenannten Realität statt (um mal einen Riesenbegriff zu bringen), ich behaupte jetzt einfach mal, würde sie studieren, wären Soziologie und auch Politikwissenschaft ihr Ding. Jantschitsch geht es um Erkenntnis – das Album ist voll mit Fragen, die sie aufwirft. Selbstredend mache ich ihr das nicht zum Vorwurf, und auch sonst keinem.

Was dagegen? Ich befinde mich in der luxuriösen Position, in einer Fantasiewelt leben zu können und dürfen – was Eva Jantschitsch singt und worüber sie sich den Kopf zerbricht, berührt mich kaum.
Sie hat es verdient, gemocht zu werden, und ich wünsche ihr viel Erfolg.
Mich kriegt sie mit „Verlass die Stadt“ aber nicht.

@irrlicht: Bitte sei mir nicht sauer.

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I will hold the tea bag.