Re: Sterne an Peter Handke

#8310665  | PERMALINK

patriktroll

Registriert seit: 08.09.2005

Beiträge: 1,175

@ clasjaz:

Danke für Deine ausführliche und vieles klärende Antwort.

Ein paar Anmerkungen seien mir noch gestattet:

– Dass Du „Die Hornissen“ nach Lektüre meines Textes nun lesen willst, zeigt doch, dass Literaturthreads hier durchaus Anregungen zum Kauf von und zur Beschäftigung mit Büchern geben können. Niemand ist gezwungen, meine Meinungen zu Autoren ernst zu nehmen oder überhaupt durchzulesen. Mich hat nur gewundert, warum Du „Die Hornissen“ trotz(!) meiner „Eloge“ in der Wühlkiste nicht übersehen wirst, wie Du ja wörtlich schriebst – die Formulierung war so irreführend.

– Was ich im letzten Post vergaß: Uwe Johnson spielte in Ingeborg Bachmanns Leben nur eine kleine, vernachlässigbare Rolle. Gerade ihn als Erinnerungsgrund an Klagenfurt anzuführen, ist totaler Unsinn. (Die Gründe für Bachmanns Klagenfurt-Traumen liegen ganz woanders…) Im Dokumentarfilm „Der ich unter Menschen nicht leben kann“ von Bachmann-Verehrer und Schriftsteller Peter Hamm kommen (fast) alle der damals in Bachmanns Umfeld(ern) herumgeisternden Menschen plus Bachmann selbst zu Wort: Uwe Johnson kannte sie nur flüchtig von gemeinsamen Spaziergängen, er blieb mit „Frau Bachmann“ zeitlebens per Sie – der Kontakt bestand ohnehin nur in ihren Wien-Jahren.

– Ich bin der Meinung, dass es sehr wohl „essenzielle“ Werke eines Autoren gibt – und eher unwichtigere. Wenn Du von Peter Handke wenig hältst, ist das Deine Sache, das wird seine Bedeutung im Kanon der großen und wichtigen deutschsprachigen Schriftsteller auch nicht beeinträchtigen. (Verdient hat er Runtermacherei wie „Zeugs“ sicher nicht, denn er kann sehr viel.) Dass Handke mit seinem Debutroman gleich sein bestes Buch gelang, soll nicht heißen, dass danach nur noch dünner Quark aus seiner Feder floss. Es ist ein wenig wie bei Ingeborg Bachmann, die nach den beiden vollkommen großartigen Gedichtbänden und dem Erzählband „Das dreißigste Jahr“ auch nie mehr wirklich wichtige Bücher schrieb. Schon der wirre „Malina“-Roman ist ja kaum noch auszuhalten, vom „Todesarten-Projekt“ möchte ich ganz schweigen. (Die beiden Lyrikbände allerdings werden bleiben von ihr. Und Handke konnte das Niveau der ersten, sagen wir, fünfzehn Jahre Veröffentlichungen auch nie mehr erreichen – sein Frühwerk allerdings wird Bestand haben.)

4. Dein Hieb gegen „das Feuilleton“ ist natürlich das übliche „Hab‘ alles gesehen, hab‘ alles gelesen, und für’s Feuilleton schreiben Idioten“-Geschwätz. Was ist gegen Feuilletons einzuwenden, wenn sie gut geschrieben sind?

5. Ja, ich habe Deinen Gag mit „klagen“ und „Klagenfurt“ mittlerweile verstanden. Nur ist das Adjektiv „sanft-klagend“ bei Handke deplatziert, da er weder zum Klagen neigt, noch seine Literatur eine Sanftheit ausstrahlt. Auch nicht im Spätwerk, so weit ich es kenne.

Abschließend freut es mich, das möchte ich nochmal loswerden, dass Du „Die Hornissen“ lesen willst. Würde mich wundern, wenn Dich das Buch nicht beeindrucken würde – ja, sogar Dich!

--

I will hold the tea bag.