Re: Die besten Konzerte 2012 (so far)

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napoleon-dynamite
Moderator

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Ich habe den unmittelbaren Vergleich mit dem Konzert am Weissenhäuser Strand nicht, aber von den zahlreichen Animal Collective-Gigs, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, war das by miles das intensivste und emotionalste. Weil unverhoffte Unwegsamkeiten den Moment begünstigten: Nach vier Tracks, just vor „Lion in a Coma“, schmorrte Deakins Mischpult durch – da die Band nicht mit Laptops und digital gesichertem Scheiß arbeitet, waren Loops, Samples, elektronische Sequences, Reverbeffekte von einer Sekunde auf die andere weg und nicht mehr abrufbar. Stattdessen unkontrollierbare Rückkopplung, emsig umgesteckte Kabel… und eine Band, die sich trotzig und sichtlich mitgenommen in alles schmiss, was sie noch zur Verfügung hatte. Mit einer Aggressivität und Wildheit, die ich in den dringlichsten Momenten, so noch nie auf einem Konzert erlebt habe. Mit Rückendeckung von einem Publikum, das nicht aus distanzierten Schnurrbartträgern bestand, sondern aus dankbaren Zuhörern, die mit Empathie reagierten, der Bereitschaft, sich auf einen Abend einzulassen, an dem Spontanität mehr wert war, als blosse Reproduktion. Das war manchmal eine Improvisation mit unbekanntem Ausgang („New Town Burnout“ lediglich vocs + Drumpatterns), stets aber ein Zeugnis davon, mit welcher verständigen Musikalität die Mitglieder live untereinander kommunizieren können und wie viel Interaktion mit den Zuhörern möglich ist. Kein Hipster-Kopfnick-Konzert, sondern eines für ekstatische Tänze und raumgreifend explodierende Temperaturen. Wer die Band für einen Haufen von selbstverliebten Cleverles hält, die knuffig heiße Luft produzieren, der hätte vermutlich nach dem gestrigen Abends den Saal beschämt im Kopfstand verlassen.

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I'm making jokes for single digits now.