Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Lana Del Rey – Born To Die › Re: Lana Del Rey – Born To Die
Ihr dürft mich gern zu denjenigen zählen, die in Balzers Besprechung mehr als bloße Selbstdarstellung sehen. Es gelingt ihm sogar, in zwei scheinbar beiläufigen Sätzen meinen Eindruck zu „Born To Die“ perfekt auf den Punkt zu bringen.
Was ich in der musikalischen Bekleidung an Versatzstücken noch als hübsch und raffiniert empfinde (allerdings ohne über diese Cleverness hinaus irgendetwas zu erreichen), wirkt in den Lyrics für mich nur noch unbeholfen und platt. In jedem zweiten Song soll man der Femme Fatale beim Ausziehen zusehen, oder am Pool mit wahlweise „white bikini“ oder „black bikini tops“. Der Mann dazu hat „big arms“, fährt schnelle Autos, trägt enge Jeans und ist unwiderstehlich gefährlich und verdorben. Und wie mag er die Mädels vorzugsweise? Na klar, „bad“ und ein bisschen „insane“. Falls die Anforderungsprofile nach „Video Games“ und „Blue Jeans“ irgendwem noch nicht ganz klar waren, werden gleich noch auf ca. sieben weiteren Tracks, öhm, kleine Hinweise gegeben. Dann werden gemeinsam mit dem Typen Polizeiautos geklaut, Drogen genommen (hui!), wird downtown gecruised, und am Ende vor lauter grundlos tragischem Lifestyle gestorben. Und just in case somebody failed to notice the sophisticated naughtiness, werden noch ein paar sinnfreie französische Zeilen eingestreut. Endlose Wiederholungen der immer gleichen mit dem Holzhammer erzeugten Stimmungen und Bildern, „take that body downtown“, „take your body downtown“, „sweet like cinnamon“, „sweet like vanilla ice-cream“, „sweet like sugar“, „I’m a bad girl“, „you like the bad girls“, „my bad baby“, uswusf. Nun ist mir schon bewusst, dass sich auch andere, allgemein geschätzte Musiker ähnliche Bilder zu eigen machen, nicht aber in dieser Plakativität und fast schon absurden Dichte. So verkommen die lyrischen Illustrationen ebenso zur leeren Pose wie Lanas in Videos, Photos und Interviews etwas zu gut dokumentierte Old Hollywood-Affinität. James Deans zeitlosen Sex-Appeal in allen Ehren, aber darüber zu singen sollte man sich lieber verkneifen.
Bei all dem ist übrigens völlig unerheblich, welche Teile von Musik, Text und Image nun in welchem Maße Lanas eigenes Werk sind und welche das irgendwelcher Stategen. Im Gesamteindruck kann da bei mir so oder so nichts punkten, die Dame selbst hinter den geschickt inszenierten Bildern besitzt für mein Empfinden etwa so viel Charisma wie ein toter Fisch.
Übrigens ist mir bewusst, dass ich mir nicht viele Freunde mache, hatte aber den Eindruck, dass diese Sichtweise hier bisher noch zu kurz kam.
--
Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!