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Ich wollte Gottschalk noch nie talken sehen. Die wenigen Male, die ich in den letzten Jahren noch bei ‚Wetten dass …?‘ reingezappt habe, ging mir das Geschwafel auf dem Sofa immer mehr auf den Wecker.
Das Konzept von ‚Gottschalk Live‘ hat mich nicht interessiert. Ich habe die Sendung nie gesehen. Mir dünkt aber trotzdem, der Kommentator hat recht.
Aus für „Gottschalk Live“
Irrläufer im ErstenEin Kommentar von Stefan Kuzmany
Es ist aus. Endlich. Die Sendung „Gottschalk Live“ war von Anfang an eine Fehlkonstruktion, denn Sender und Produktionsfirma haben die wahren Qualitäten des Moderators nicht erkannt. Wie konnte das nur passieren?
Er hat es wirklich versucht.
Thomas Gottschalk hatte Lust auf etwas Neues, er hat sich mit schon lange nicht mehr gesehener Energie in seine Sendung „Gottschalk Live“ gestürzt, er hat gegen die schlechten Quoten gekämpft, aber am Ende hat es nichts geholfen: Der legendäre Moderator ist gescheitert. Nein, nicht einfach gescheitert: Er ist untergegangen. Und als Medienbeobachter steht man da und wundert sich.
Wundern muss man sich allerdings nicht darüber, dass diese Sendung kaum jemand sehen wollte – „Gottschalk Live“ war von Anfang an eine traurige Fehlkonstruktion. Erstaunlich ist eher, wie es überhaupt zu dieser Fehlkonstruktion kommen konnte.
Gottschalk hätte diese Sendung niemals moderieren dürfen
Denn Thomas Gottschalk hat zwar viele Fehler gemacht – er war gerade zum Start der Sendung furchtbar fahrig, später dann offensichtlich genervt von der eigenen Unsouveränität, und insgesamt so wenig entspannt, dass es selbst für Fans eine Qual war, ihm beim Moderieren zuzusehen. Doch zu all dem hätte es niemals kommen dürfen: Man hätte Thomas Gottschalk niemals diese Sendung moderieren lassen dürfen.
Fehler reihte sich an Fehler, als hätten die Verantwortlichen vor dem Start der Show noch niemals im Leben eine Sendung mit Thomas Gottschalk gesehen. Mehr noch: Als hätten sie noch niemals Fernsehen gemacht, das überraschend sein soll, innovativ und unterhaltsam.
Und so fragt man sich erstaunt: Warum um alles in der Welt hat man Thomas Gottschalk zu Beginn das Image eines Internet-Verstehers überziehen müssen – das ganz offensichtlich nicht zu dem ja doch schon gereiften Sunnyboy gepasst hat? Das lief nicht rund, das kostete von Anfang an Zuschauer.
Warum hat man ihm anfangs eine Redaktion mit ins Bild setzen müssen, die keinerlei tragende Rolle in der Sendung spielte, sondern nur Staffage war? Warum hatte man nicht den Mut, diese Redaktion mit witzigen, geistreichen Charakteren zu besetzen, die Gottschalk Bälle zuspielen hätten können? Warum hat man sich darauf verlassen, dass junge, hübsche Mädels schon ausreichen würden, die Zuschauer zu begeistern?
Warum hat man die Sendung überfrachtet mit Halbprominenten, die im Minutentakt von Gottschalk befragt werden mussten, obwohl er sich für diese Leute ganz offensichtlich kaum interessierte?
Eine weitere Talksendung, die kein Mensch braucht
Warum hat man, als man endlich erkannte, dass das alles nicht funktioniert, sich nicht endlich dazu durchringen können, Gottschalks größte Qualität abzurufen – die witzige, spontane Konfrontation mit scheinbaren Nebensachen? Warum hat man sich dazu entschieden, eine weitere – am Ende immerhin solide – Talksendung aus „Gottschalk Live“ zu machen, die kein Mensch braucht?
Denn das war der größte Fehler: Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass..?“, das waren Gottschalk, Weltstars und lustige, erstaunliche Kleinigkeiten. Thomas Gottschalk bei „Gottschalk Live“, das war nur noch der Moderator im Gespräch mit Prominenten – und damit hatte man Gottschalk genau das Element genommen, das ihn glänzen ließ.
Hat irgendwer jemals „Wetten, dass..?“ eingeschaltet, weil sich Gottschalk so gut auf der Couch mit Jennifer Lopez und Boris Becker unterhalten hätte? Selbstverständlich nicht, denn selbst die Weltstars waren hier nur Staffage. Es waren die Leute, die Klodeckelmarken per Sitztest erkennen konnten, es waren die Buntstiftlutscher und die Plattenrillenleser, die seine Sendung sehenswert gemacht haben – und vor allem Gottschalks, an guten Tagen, legendär schlagfertiger Umgang mit diesen ganz normalen Wahnsinnigen.
Warum nur konnte man Thomas Gottschalk nicht eine Sendung auf den Leib schneidern, die ihm Gelegenheit gegeben hätte, überraschende Alltagsphänomene zu kommentieren? Die Antwort kennen nur die ARD und die von ihr fatalerweise mit der Produktion beauftragte Produktionsfirma Grundy Light Entertainment. Denn es ist ja nicht so, dass sich der Moderator das mutlose, langweilige und somit zum Scheitern verurteilte Konzept von „Gottschalk Live“ ausgedacht hätte – das machen sogenannte Profis. Sie haben auf ganzer Linie versagt.
Das größte Rätsel bleibt bei all dem jedoch: Warum nur hat sich Thomas Gottschalk das alles angetan? Es hätte „Gottschalk Live“ sein können, doch es wurde nur „Gottschalk lahm“ daraus.
Schade eigentlich – aber nicht um diese Sendung.
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,828367,00.html
Nun ja … mein Mitleid hält sich in Grenzen. Der gute Thomas Gottschalk wird schon nicht verhungern.
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I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.