Re: Bob Dylan & Mark Knopfler – Tour Herbst 2011

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werner
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PowderfingerWer in Erwartung von Gesangskünsten oder möglichst originaler Wiedergabe der Songs in ein Dylan-Konzert geht, dem ist ohnehin nicht zu helfen. Ich finde die Art und Weise, wie his Bobness die eigenen Songs dekonstruiert schon sehr spannend. Natürlich hilft ihm die exzellente Band dabei ganz besonders. Auch in München war es nett anzusehen, wie das Mainstream-/Bayern 3-Publikum, das natürlich wg. Knopfler gekommen war, nach ca. 3 Dylan-Liedern die Halle verließ. Dennoch: Es war ein großes Dylan-Konzert, auch wenn die Song-Auswahl zum Schluß recht vorhersehbar war.

Also zunächst mal: Diese Arroganz ist schon erschütternd, mit der die Leute, die nach Knopfler gingen, hier behandelt werden. Sozusagen Menschen 2. Klasse, weil sie Dylans Gekrächze so gar nichts abgewinnen können. Wer Knopfler mag, aber Dylan nicht, der hört auch sonst den letzten Schund – so die Lesart. Versucht doch einfach mal, Dylan live so zu hören, als wäre es euer erstes Mal dass ihr ihn wahrnehmt – und dann sagt mir, dass ihr sofort Feuer und Flamme sind. Vor allem die Leute unter 20, 25, 30 sind anders sozialiisiert. Meinetwegen erwarten sie perfekte Konzerte mit perfektem Ton und „funktionierenden“ Stimmen – was sollte daran so schlimm sein, dass hier pausenlos mit Begriffen wie „Kleinbürgertum“ oder BR3-Hörer hantiert wird. Wenn ich dann so einen abgedrehten Nerd-Schund höre wie bei dem Zeit-Online Poster, der „Objektivität“ bei Dylans Stimme einfordert – nein, gerade Objektivität kann man da nicht einfordern, weil Dylan objektiv keine „Stimme hat, die den Nerv des „schönen Hörens“ trifft. Was bleibt ist, dass die Leute, die Dylan immer gut finden, die Dylan, wenn er Mist spielt, das als „Dekonstruktion“ hoch anrechnen, die, nachdem Dylan jetzt gefühlte 1000 Jahre Mundharmonika spielt, tatsächlich heraushören wollen, er habe sein Spiel verbessert (!) – dass diese leute zu Gericht sitzen wollen über andere, die den Dylan-Wahnsinn nicht teilen.
Wohlgemerkt, ich sage das als jemand, der Dylan geschätzte 30 Mal gesehen hat, darunter legendäre Konzerte wie das In Nürnberg auf dem Reichtagsgelände oder 2 Mal während der „Renaldo und Clara“-Tour in den USA (1st leg). Aber ich habe mein Gehirn behalten, und versgtehe jeden, der Dylan nicht mag, ich kann sogar die Gründe nachvollziehen.
Das andere: Hier wird pausenlos Dylans Stimme dieser Tour mit anderen, teilweise weit zurückliegenden Touren verglichen – gerade so, als sei Dylan nicht inzwischen gesegnete 70 Jahre alt! Mann, Leute, er KANN gar keine perfekte Stimme mehr haben in dem Alter und, vor allem, bei dem Verschleiß auf seiner Neverending Tour. Und da wollen wirklich welche jüngst erst seine schöne Stimme gehört haben, so, als erhebe die ihr Haupt manchmal wie früher, wenn der Meister dies nur wolle. Ein ganz schlauer meint ja dann auch, man habe Dylan „noch nie mit seiner eigenen Stimme“ singen hören. Gehts noch? Und unterscheidet dann Album- Live,- und noch nie damit gesungene- Stimme.
Ich denke, man sollte die Konzert-Diskussion innerhalb der Dylan-Gemeinde führen, außerhalb ist nur schwer nachvollziehbar, dass Menschen wie nail „jubeln“ bei einem Dylan-Jauchzer. Ich kann nail da verstehen, aber fragt doch mal die Leute, die das Koinzert verlassen, warum sie das tun? Das sind nicht bloß banale Idioten, die werden nämlich ganz fundiert begründen, was ihnen da nicht gefällt. Ist doch auch gut so, dann bleiben die Dylanfans unter sich, und müssen sich kein Genörgle anhören.

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