Startseite › Foren › Das Konzert-Forum: Wann, wer und wie › Und so war es dann › Bob Dylan & Mark Knopfler – Tour Herbst 2011 › Re: Bob Dylan & Mark Knopfler – Tour Herbst 2011
notdarkyetZu Dylan`s momentaner Live-Stimme und deren KritikerInnen schreibt ein Kommentator „cat-allan“ auf Zeit-online einen aussergewöhnlich treffenden Kommentar (untenstehend).
„Wäre bei der Entstehung solcher Artikel und Kommentare auch nur eine Spur Objektivität im Spiel – von Sachverstand ganz zu schweigen -, und würde man ein bisschen recherchieren, bevor man medial bellt, dann könnte man hören, wie es um Dylans Stimme bestellt ist. Schon immer hat er eine Album-Stimme gehabt und eine davon arg abweichende Live-Stimme. Nie aber hat man Dylan je mit seiner eigenen Stimme singen gehört. Wie grandios Dylan derzeit singen kann? Dafür gibt es ein schönes Beispiel: „Red Cadillac and a black moustache“ vom neu eingespielten Album „Good Rockin‘ Tonight“, um einiges besser noch auf „The lost notebooks of Hank Williams“ in „The love that faded“. Gibt’s auch auf youtube. Dylan singt, wie er es momentan gern möchte, bei Bedarf auch gern warm und melodisch. Wenn er es in Konzerten derzeit nicht machen will, dann geht einfach nicht hin. Wann wird dieses ebenso sinnlose wie dilletantische Geschreibsel über Dylans Stimmzustand endlich aufhören? Hoffentlich erlebt er’s noch.“
Volltreffer, meines Erachtens.
Volltreffer? Der Sampler „Good Rockin‘ Tonight“ und die „Red Cadillac“-Aufnahme sind keineswegs neu eingespielt, sondern mittlerweile auch schon wieder über 10 Jahre alt, kein besonders überzeugendes Beispiel also für Dylans aktuelle stimmliche Verfassung. Denn natürlich hat sich auch seine „Album-Stimme“ verändert, in den Jahren seit 2005/06 m.E. stärker als beispielsweise in den 5 Jahren zuvor. Auf den Touren bis etwa „Modern Times“ stand ihm noch ein viel breiteres Spektrum an Registern zur Verfügung, das objektiv betrachtet seither sowohl live als auch im Studio hörbar geschrumpft ist. Wenn man sich zum Vergleich das Weihnachtsalbum und erst recht jüngere Aufnahmen wie „Do-Re-Mi“ oder eben den Hank-Williams-Song anhört (oder Live-Mitschnitte aus den entsprechenden Zeiträumen), wird das sofort ohrenfällig. Das Beeindruckende ist ja, was er daraus macht, wie er den veränderten Gegebenheiten immer wieder neue interpretatorische Facetten abgewinnt und sich damit neue Gestaltungsspielräume schafft. „Wohlklang“ war nie ein gültiges Kritierium in der Rockmusik, da kam es immer auf den Ausdruck an, und in der Hinsicht hat Dylan im Alter eher hinzugewonnen. Das jüngst in Berlin erlebte Konzert hatte diesbezüglich alles, was man sich nur erhoffen konnte, keine Frage. Lediglich die zitierte Argumentation finde ich nun alles andere als „außergewöhnlich treffend“.
--
Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)