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In der Zeit ab Februar 1962 entstanden auch zwei Roost-Sessions, die eine (mit Hank Jones am Piano) vervollständigte das oben bereits besprochene Album „Stitt in Orbit“, das andere, zwischen Februar und April entstandene, hiess Feelin’s (SLP 2247) und fand Stitt erneut in Gesellschaft des Trios Patterson-Weeden-James (die überdies auch von Gene Ammons und Eddie „Lockjaw“ Davis als Begleiter für Plattenaufnahmen gebucht wurden).
Stitt spielte vom 2.-18. Februar 1962 im Half Note in New York und nahm in der Zeit zwei Prestige Alben mit Jack McDuff (auf dem einen war nochmal Gene Ammons dabei), dann vom 20. März bis 1. April in Chicago im Sutherland. Im April war er dann wieder zurück in New York und nahm mit Pattersons Trio das Jazzland-Album „Low Flame“ auf. Das Roost-Album stammt ungefähr aus dieser Zeit.
Das Roost-Album öffnet mit „S’posin'“, einem feel good tune, in dem Stitt auf den sparsamen Groove eingeht, seine Töne weniger dicht als üblich sprudeln lässt, sich sehr schön auf den flow einlässt und ein organisches Solo bläst. Es folgt Weeden (der übrigens nur ca. ein Jahr zur Band gehören sollte, danach waren Stitt, Patterson und James als Trio zu Gange). Das zweite Stück, „Goodnight Ladies“, ist keins, das man auf einem Jazz-Album erwarten würde. Als Basis für die Improvisation dienen die ersten acht Takte der rhythm changes, auf eine Bridge wartet man vergebens. Stitt spielt ein tolles, sehr gleichmässig phrasiertes, swingendes Solo. Patterson folgt, etwas wenig quietschig als im ersten Stück – es gelingt ihm jedenfalls erfolgreich, sich vom Sound des Orgel-Übervaters jener Jahre, Jimmy Smith, abzugrenzen.
Für „Stretch Pants“, einen mittelschnellen Blues, wechselt Stitt aufs Altsax. Patterson und Weeden solieren ähnlich relaxt wie Stitt, James bringt mit seinem aggressiven Spiel Leben in die Bude. Auch „If I Should Lose You“ wird entspannt angegangen, Stitt immer noch auf dem Altsax. Weeden soliert als erster, mit singendem Ton und schönen Linien. Stitt folgt und ist in Zitierlaune – erst gibt’s „Pop Goes the Weasel“ (?) und dann seinen Favoriten, „Softly as in a Morning Sunrise“. Sein Solo bewegt sich nahe am Thema, er verbindet gekonnt schnelle Läufe mit langsameren melodischen Ideen, streut einen angedeuteten growl ein, geht dann über Pattersons Tremolo kurz ganz nach oben, schreit, und führt die tolle Aufnahme mit still-brennender Intensität zu Ende – sie bewegt sich beinahe auf demselben Niveau wie jene auf dem Roost-Album „Sonny Stitt Plays“ mit Hank Jones.
Zurück zum Tenor, zurück zum Blues heisst es mit „Nightmare“. Die Band setzt den flüssigen Groove, James punktiert ihn mit seinen fills. Stitt gleitet mühelos über den Teppich, den die Band ihm auslegt. Das Stück ist sehr kurz, fast die ganze zweite Hälfte gehört einem Vamp, über den es zu Ende gebracht wird. Blues am Altsax und im schleichenden Tempo hören wir mit „Hollerin‘ the Blues“. Stitt gelingt es scheinbar immer, solche Nummern zum Leben zu erwecken, so auch hier. Sein Ton ist reich und satt, die Linien perfekt ausgeführt und mit schönen Kommentaren und Echos von Weeden versehen. Patterson bleibt tief, sein Solo spielt er dann mit einem weicheren Ton als auf den vorangegangenen Stücken.
Für die letzten drei Stücke wechselt Stitt wieder ans Tenor. Da ist zuerst „O Sole Mio“, ein alter Gassenhauer, dann folgt ein schneller Blues, „Look Up“, in dem Stitt mit dem Beat spielt, mal anzieht, mal hinterherhinkt, und so eine grosse Spannung schafft.
Den Abschluss macht das l-a-n-g-s-a-m-e Titelstück. Stitt erzählt eine Geschichte, punktiert von einzelnen Tönen, tiefen cries, rasanten Linien, Riffs und Blues-Phrasen, spielt hübsche Töne, hässliche Töne, feine Töne, laut-kreischende Töne… grosses Kino. Weeden und Patterson folgen mit kurzen Soli und dann setzt Stitt zu einem zweiten Statement an, das dem ersten nicht unähnlich ist.
Am 16. Februar traf Stitt in Rudy Van Gelders Studio auf Jack McDuff: Stitt Meets Brother Jack (Prestige PR 7244) war das Ergebnis. Stitt spielt nur Tenorsax, die beiden werden von Eddie Diehl (g), Art Taylor (d) und Ray Barretto (cga) begleitet. Die Band ist eine Spur altmodischer als Pattersons Trio, McDuff war unter all den Organisten/Bandleadern dieser Jahre derjenige, der am stärksten als Arrangeur hervorstach, selbst seine kleinen Bands klangen oft wie grosse Orchester. Dieses „plandende“ merkt man seinem Spiel in einer Session wie der vorliegenden mit Stitt zwar weniger an, aber doch ist zu spüren, wie er seine Ressourcen gezielter einsetzt als die meisten Organisten, wie alles seine Zeit hat, die zuckenden Begleit-Rhythmen, die Pedal-Point-Bässe, die verdoppelten Walking-Bass-Linien, die kreischenden Orgel-Linien, die rollenden Triller, die richtig lauten, druckvollen Passagen. Diehl klingt gut, schnörkellos, einfacher als Weeden. Für Stitt ist das ein schönes Fundament, auf dem er sich streckenweise wohl fast eine Spur zu weit zurücklehnt und nicht mit dem Druck und der Leidenschaft spielt, die nötig wären, um eine solche Session zum richtig tollen Erlebnis werden zu lassen. Dennoch ist das ein schönes Album und eins, das innerhalb des Stitt’schen Orgelwerkes mit Sicherheit eins der stilbewusstesten ist. Wir hören als Opener den Standard „All of Me“ (Stitt hatte ihn 1960 mit Miles Davis oft gespielt), die schöne Styne-Cahn-Ballade „Time After Time“, sowie eine Reihe von Blues-Originals: Stitts „Pam Ain’t Blue“, „Ringin‘ In“, „‚Nother Fu’ther“ (ein langsam walkender Blues mit sehr tollem Solo von Stitt!) und „Thirty-Three, Ninety-Six“, sowie eine weitere Ballade gegen Ende des Albums, das wunderbare „When Sonny Gets Blue“ (das in der OJCCD-Ausgabe fälschlicherweise als Stitt/McDuff-Komposition ausgegeben wird).
Drei Tage später, am 19. Februar 1962, fanden sich nicht nur Stitt und McDuff sondern auch Gene Ammons (sowie Drummer Charlie Persip) in Van Gelders Studio ein, um „Soul Summit“ einzuspielen – oben schon mal vorab das hässliche Cover des CD-Twofers, der auch „Soul Summit, Vol. 2“ (ohne Stitt, aus Ammons-Sessions mit einer Big Band, Sängerin Etta Jones sowie der Band von McDuff mit Harold Vick, Diehl und Joe Dukes zusammengestellt).
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