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und das hier auch noch:
gypsy tail wind
Hab heute nachmittag die ganze Doppel-CD durchgehört – fast zweieinhalb Stunden Musik… eine gewisse Eintönigkeit kann man wohl zum Vorwurf machen, aber heute war ich in der richtigen Stimmung für das hier… Pio Leyva, Teresa García Caturla, Miguelito Cuni und viele andere sind zu hören, unter den Bläsern stechen wie so oft die Trompeter besonders hervor: Félix Chappotín, Manuel „El Guajiro“ Mirabal (der auch viele der Buena Vista Social Club Produktionen der 90er mit seiner Anwesenheit veredelt hat), Arturo Sandoval, Jorge Varona sowie Adalberto Lara. An der Posaune überzeugt solistisch diverse Male Juan Pablo Torres (der zweite Posaunist ist Jesús „Aguaje“ Ramos, in einem Stück sind die beiden gemeinsam zu hören), Paquito d’Rivera ist der einzige Saxophonist, weiss aber auch mit ein paar schönen Soli zu gefallen, ebenso wie die Flötisten Richard Egües und Melquiades Fundora. Am Piano wechseln sich Rubén González und Jesús Rubalcaba ab, solistisch ist letzterer aber nur in einem Stück zu hören, die vielen schönen Piano-Soli sonst stammen alle von Don Rubén. Zudem ist Niño Rivera mit diversen tollen Soli an der Tres zu hören (und einmal auch Israel Pérez an der Cuatro). Ein kleiner Wehmutspunkt ist der Bass: der ist elektrisch und wird gespielt von Fabián Garcia. Nicht, dass etwas daran schlecht wäre, aber ein Kontrabass hätte der Musik wohl ein paar zusätzliche Möglichkeiten eröffnet, die mit den etwas generischen Fender-Bass-Grooves nicht drinliegen. Die Drum-Section ist wie üblich gross: Tata Guïnes und Guillermo Garcia spielen Congas, Ricardo „El Niño“ León spielt Bongos, Gustavo Tamayo ist an der Güiro zu hören und an den Timbales sind Amadito Valdés und Filiberto Sánchez. Dazu gibt’s eine acht-köpfige Violinen-Section, von denen fünf auch solistisch zu hören ist…. es ist also ziemlich was los hier!
Ergänzend: der Jazz-Gehalt ist hier minimal, aber dadurch, dass die meisten Stücke um die zehn Minuten lang sind, haben die Musiker viel Raum für Soli und Improvisation.
gypsy tail windDa dieser Thread schon längst in einen Irakere & Latin Jazz geworden ist, erlaubt mir noch den Hinweis auf eine weitere Trouvaille:
Die CD Descargas der Tico All-Stars enthätl den Grossteil von drei Volumes, die in den Sechzigern erschienen sind (vom ersten und dem dritten Album fehlt auf der CD je ein Stück, dass sie „complete“ sei steht auch nur bei Allmusic, auf der CD selbst steht nichts dergleichen).
Die Aufnahmen entstanden an einem Abend im Mai 1966 im New Yorker Village Gate, das sonst eher für Jazz-Konzerte bekannt ist. Erstmals erschienen ist die Musik auf dem Tico Label 1966. Im inneren des Vampisoul Digipacks finden sich Liner Notes von Symphony Sid und ein kurze Anmerkung von Morris Levy, dem windigen Musik-Manager (wie man heute wohl sagen würde, immerhin kann man sowas ja mittlerweile studieren, in unserer glorreichen Welt des Scheins), der damals Präsident von Tico Records war.
In der Band finden sich u.a. Tito Puente, Charlie und Eddie Palmieri, Chino Pozo, Johnny Pacheco, Ray Barretto, Israel Lopez, Alfred Abreu, Victor Paz und Bobby Porcelli – die Musik ist sehr viel chaotischer, wilder und intensiver als die Estrellas de Areito, die im Studio ähnliches machten. Rhythmisch geht das hier mehr ab, halt weiter weg von klassischen Son (dem die Estrellas sich wohl noch sehr verpflichtet fühlten) und unter Einbezug all der Latin-Jazz-Entwicklungen, die seit den 40ern in New York stattfanden. Das wird durch die Anwesenheit von Chino Pozo unterstrichen, der ja behauptet hatte, ein Cousin des legendären Chano Pozo zu sein. Dieser wurde 1948 im Alter von nur 33 Jahren in New York ermordet… laut Wiki in einem Kampf, der sich beim Kauf von Gras entsponnen hat – es entstanden jedoch rasch Legenden, wonach er die Geheimnisse der Santería verraten habe, etwa in seiner Zusammenarbeit mit Dizzy Gillespie, auf dessen „Cubana Be, Cubana Bop“ er prominent zu hören war.Falls jemand mehr zu den Irakere-Fagen in Post #15 weiss bin ich übrigens sehr interessiert – ich weise nur nochmal darauf hin, weil sie vielleicht überlesen werden aufgrund der neueren Posts.
ferryerstmal was zu den Estrellas De Areito.
Das war eine sehr gute Empfehlung von Dir!
gefällt mir ausnehmend sehr gut. Das ist wie ich finde modern gespielter Son, mit sehr guten Musikern wie z.B. Ruben Gonzales, da geht einem doch das Herz auf wenn er spielt. Aber auch sonst ist ja anscheinend die Creme der kubanischen Musiker verteten. Und welche verschiedenen Instrumente gespielt werden, z.B. die Tres find ich ein sehr schön klingendes Instrument. Oder halt Violine, Flöte, Sax….Das wird mir gar nicht langweilig. Einfach nur entspannende, karibische Gelassenheit ! :sonne:
Damit sind wohl die wichtigsten off-topic-Sachen aus dem Irakere-Thread hier.
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