Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Sidney Bechet – The Epitome of Jazz › Re: Sidney Bechet – The Epitome of Jazz
Ich habe über Bechets grosse Diskographie erst einen sehr rudimentären Überblick, daher erstmal nur ein paar wenige diskographische Hinweise:
RCA:
Die wichtigsten frühen Aufnahmen Bechets entstanden für Victor – Definitive hat ein wie üblich lausig dokumentiertes und mittelprächtig bis schlecht klingendes 3CD-Set der Master Takers veröffentlicht, das aber vergriffen ist. Jemand hat mir davon vor Jahren eine Kopie gemacht und neulich hab ich drei oder vier Stücke (die einzigen, die ich mittlerweile soweit ich sehen konnte nicht anderswo habe) extrahiert und geprüft, eins war mit 80, die anderen 100 prozentiger Wahrscheinlichkeit MP3-sourced! Unglaublich das, aber man sollte diese Dinge ja eh nie kaufen (hab ich zum Glück ja auch nicht).
Davor gab’s auch ein Master Takes 3CD-Set von BMG (1990).
Besser eignen sich wohl die französischen „Jazz Tribune“ Alben, die in den 70ern und 80ern als Doppel-LPs und dann auch als (gleich programmierte, also recht kurze Doppel-) CDs erschienen sind. Ich habe davon bisher nur „The Complete Sidney Bechet – Volumes 1/2 (1932-1941)“, muss mir die anderen beiden mal noch suchen (und zwar auf LP).
Blue Note:
Sehr blues-lastige und zumeist wunderbare Aufnahmen aus den 40ern und 50ern (genau genommen: 1939-40, 1944-46, 1949, 1950-51 und 1953). Da gab’s das erwähnte Mosaic-Set, 4CD oder 6LP.
Die ganzen Port of Harlem Jazzmen Sessions gab’s auch auf einer einzel-LP von Mosaic und auf einer Blue Note CD (1994 erschienen). Bechet spielt nur auf der zweiten Session und auch dort nur auf drei der vier Titel. Die anderen Musiker sind der wunderbare Trompeter Frankie Newton, J.C. Higginbotham an der Posaune, Teddy Bunn an der Gitarre, Johnny Williams am Bass, Sid Catlett am Schlagzeug und auf der ersten Session Albert Ammons am Piano, auf der zweiten Meade Lux Lewis statt Ammons, und eben Bechet. Auf der CD ist auch die Sidney Bechet Quartett-Session vom 27. März 1970 (mit Bunn, Pops Foster und Catlett) zu hören, sowie die Teddy Bunn Solo-Session vom 28. März 1940 – sehr lohnenswerte Anschaffung!
Von den späteren Blue Note Sessions sind auch zwei einzelne CDs erschienen, „Runnin‘ Wild“ (1998) enhält die drei 1949/1950er Sessions mit Wild Bill Davison, „The Fabulous“ (2001) die beiden letzten Sessions von 1951 (mit Sidney De Paris) und 1953 (mit Jonah Jones), die Bechet für Lion/Wolff gemacht hat. Es gab auch ältere CD-Ausgaben der LPs, auf denen Blue Note in den 50ern seine Bechet-Aufnahmen sammelte (die 12″ LPs hiessen „Jazz Classics“ und „Giant of Jazz“, es gab je zwei Volumes von beiden, und mit „The Fabulous Sidney Bechet“, auf der nochmal zwei 10″-LPs versammelt waren, hatte man auf fünf LPs vermutlich ziemlich alles von Bechet auf Blue Note… bin mir nicht sicher, ob die drei Port of Harlem Tracks, die beiden Tracks mit Bechet von der Josh White Session und die Art Hodes Session dabei waren, denke eher nicht – die Mosaic-Box enthielt ja auch sechs LPs)
Auch hier gibt’s übrigens von Definitive eine 3CD Master Takes Ausgabe in der üblichen lausigen Qualität.
Columbia/Brunswick/etc:
Mosaic hat ein „Select“ zusammengestellt, auf dem die frühen Sessions mit Clarence Williams und verschiedenen Sängerinnen (1923-25), die die Variety Sessions mit Noble Sissle (1937/38), die grossartige Vocalion-Session mit Leonard Ware an der Gitarre (1938) sowie drei Sessions von 1947 (eine mit Bob Wilber, zwei im Quartett) zu hören sind… ist derzeit auf Backorder, sonst hätte ich’s mir wohl grad bestellt!
HRS:
Für die Hot Record Society nahm Bechet zwei tolle Sessions mit Trompeter Muggsy Spanier auf – ihre Big Four wurden von Carmen Mastren (g) und Wellman Braud (b) ergänzt. Gab’s im Mosaic-Set mit dem kompletten HRS-Output (grossartige Box für Liebhaber von Small Group Swing!)
Frankreich:
Die späte Diskographie kenne ich noch kaum… die Brüssel-Aufnahmen von 1958 hab ich glaube ich mal gehört, ebenso ein Swing-Album von 1956 mit Sammy Price (Lucky Thompson hat mit ihm auch ein Album gemacht, als er in Paris war… es gibt nur jenes von Price/Thompson in der „Jazz in Paris“-Reihe).
Äusserst bemerkenswert sind auf jeden Fall die Aufnahmen, die im Quartett mit Martial Solal 1957 für Vogue entstanden sind. Es gibt sie gesammelt auf einer CD in der „Original Vogue Masters Reihe“, einer der letzten, die in dieser tollen Reihe erschienen sind.
Von Jazz in Paris gibt’s Vol. 22, „Sidney Bechet et Claude Luter“, eine Zusammenstellung einer 1948er Session von Luter (ohne Bechet) und 1949er Bechet-Aufnahmen u.a. mit Jean-Pierre Sasson und Kenny Clarke.
Die „Complete Edition“ von Masters of Jazz gedieh bis zu Vol. 13 (1943-1944) und ist bis dahin wohl die mit Abstand beste und vollständigste Übersicht – aber die CDs sind zum grössten Teil sehr teuer geworden.
Ich besitze von ihnen bisher nur Vol. 13, auf der ein paar kürzere Sessions zu hören sind, deren Herzstück aber eine grossartige, informelle Trio-Session von Bechet (cl/ss) mit Max Miller (p) und Ken Smith (d) vom 8. Oktober 1944 aus Chicago bildet. Zwei der fünf Stücke dauern über 14 Minuten, die ganze Session etwas über 45 Minuten).
Chronological Classics (16 Volumes, glaube ich, bis 1952 Vol. 2) plus die Alternative Takes von Neatwork (2 Volumes) gab es auch mal noch, aber auch die sind wohl kaum mehr zu finden.
Die Billig-Alternative ist das Membran 10CD-Set „Petite Fleur“, das ziemlich viel versammelt, von 1931-1952… keine Dokumentation ausser Tracklisten der CDs (aber ich kann sie gerne nachliefern, hab ich mir mal zusammengestellt). Könnte übrigens genausogut wie die Definitive Sets MP3-sourced sein, wer weiss… aber die Dinger sind billig und wenn man sich mal richtig zu vertiefen beginnt, will man meistens eh bessere Ausgaben. Gute Einstiegsdrogen, gewissermassen…
Bei Blue Note gab’s übrigens auch ein 4CD-Set, das gemeinsam mit Smithsonian herausgegeben wurde: „Hot Jazz on Blue Note“ (1996, auch auf K7 erhältlich). Da findet sich auf vier CDs ein grosszügiger Überblick über die frühen Sessions, mit Aufnahmen von Josh White, Edmond Hall, George Lewis, Bunk Johnson & Sidney Bechet, Sidney Bechet, Bechet & Albert Nicholas, Art Hodes, Baby Dodds, Sidney De Paris und James P. Johnson. Bechet und Hodes nehmen je ca. 1/4 des ganzen Platzes ein.
Und die oben erwähnte 1998er CD „Runnin‘ Wild“ war Teil einer Mini-Serie zum 60. Geburtstag des Labels, einer Mini-Serie, in der auch Aufnahmen mit Hot Jazz neu aufgelegt wurden. Neben der Bechet CD erschien die grossartige Edmond Hall CD „Profoundly Blue“, „George Lewis and His New Orleans Stompers“ und zwei Compilations, „Blue Note Swingtets“ (mit Ike Quebec, Johnny Hardee, Jimmy Hamilton u.a.) sowie „Blue Note Jazzmen“ (2CD, mit James P. Johnson, Sidney De Paris, Edmond Hall u.a.). Alles sehr zu empfehlen, aber vermutlich alles längst vergriffen. Die „Fabulous“ CD von 2001 war dann eine freundliche Nachreichung, die schon damals kaum mehr erwartet wurde. Was wirklich fehlt, ist die grossartige Musik von Art Hodes – da brauch ich dereinst auch das Mosaic-Set!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba