Re: Lana Del Rey

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irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

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Herr RossiWeil sie sich eigentlich nicht für Pop interessieren, aber man dazu irgendwie eine Meinung haben muss und man sich gerne echauffiert, wie banal und doof das alles ist und totaler Hype blabla … Adele ist die Heilige dieser „Schläfer“ geworden, weil sie Adele aus den Medien kennen und mitbekommen haben, dass die aber total talentiert ist und überhaupt kein Bohei um sich machen muss, weil ihre Musik ja soooo gut ist und von sich aus wirkt. Dabei ist das, was Adele macht, handwerklich sauber, aber völlig banal, sowohl textlich als musikalisch, wird aber aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen allgemein als „wertig“ und „qualitätvoll“ empfunden.

Adele ist ein mindestens so großes Medienthema wie Lana oder Gaga. Wenn sie dagegen keinerlei Potential für ausufernde Diskussionen hat (und ich habe mich wirklich bemüht …), dann offenbart das eben die absolute Langweiligkeit ihrer Musik und ihrer Person.

Nun denn. Wenn Du schon so bemüht darum bittest.

Deine Wahrnehmung ist so falsch natürlich nicht. Ein Beispiel dazu: Ich habe erst die Tage mit meinem Onkel telefoniert, dem ich kürzlich Lana Del Rey näher bringen wollte. Ein Hörer vom alten Schlag (zu meinem Erfreuen, manchmal zu meinem Leidwesen), der für die Siebziger schwärmt, der die Achtziger als Alptraum empfand, der Plastikpop so übel findet wie Rap, was freilich keine Musik ist, stattdessen nur eines für wichtig erachtet: Gitarren, hohle Pose, die angeblich keine ist. Er meinte nun allerdings, dass es „doch ganz brauchbar wäre, aber spontan hätte ihm Adele dann doch besser gefallen“. Es ist tatsächlich ein Phänomen gerade von Hörern, deren musikalisches Weltbild irgendwann begann stehen zu bleiben, um sich mehr und mehr zurückzubilden, Damen wie Adele als Säulenheilige zu stilisieren. Natürlich: Daran ist schließlich auch nicht viel neu. Gut gemacht zwar, aber der Unterbau fehlt. Textlich? So gut oder schlecht wie das Gros der „Konkurrenz“ eben auch.

Adele selbst kann da aber freilich eher wenig für. Für mich ist Adele ein sympathisches Mädel, das gerne seine Stimme auslotet, sich stilsicher präsentiert und darüber hinaus einfach das tut, was man keinem Künstler zulasten legen sollte: Gute Songs schreiben. Nicht immer, aber „Rolling in the deep“, „Hometown glory“, „Set fire to the rain“, „Cold shoulder“ – das ist durchaus gekonnter und auch packender Pop. Orginell ist daran natürlich nichts und ein Bilderkatalog in s/w macht aus einem Künstler noch keine Ikone, einem souligen Timbre noch lange keinen Louis Armstrong oder Sam Cooke. Oder Dusty Springfield, you name it.

Allerdings beginnt Dein Einwand hier zu straucheln: Kontroverse Diskussion sind ja eine Sache für sich, wenn man wie ich den Thread zu LDR hingegen von Anfang an verfolgt hat und beobachten muss, dass das große Gros der Beiträge nur ein hin und her über Image und Lippen ist, relativiert sich da vieles an „Diskussion“. Ähnliches findet sich auch bei ELO, bei Toto, bei Oasis, Threads, in denen nicht aus Leidenschaft, sondern oftmals vielmehr aus purer Langeweile und Stumpfsinn gepostet wird. Bei Adele? Dort gibt es kaum Angriffsfläche. Das hat weniger mit Langeweile, als mit fehlender Diskrepanz zwischen Inhalt und Image zutun (Cohen oder Drake sind schließlich auch bedeutende Künstler, ohne dass hier tagtäglich Meinungsschächtung betrieben werden würde). Dahinter steckt keine überbordenen „Qualität“ (wie auch immer), aber auch keine widersprüchliche Mythenbildung
(und gerade die Entzauberung der Inszenierung ist ja der Hauptanlass, den viele dazu bewegt, Lanas Kunst für banal, weil verlogen zu deklarieren; ich teile den Standpunkt nebenbei erwähnt übrigens nicht).

Aus meiner Sicht: Adeles Musik ist so gut, dass sie mir (teils sehr) gefällt, aber nicht so besonders, als dass es in mir reine Leidenschaft aufkommen lassen würde. Das liegt auch in der Qualität der Alben selbst begründet: Minimal nach oben, minimal nach unten zuweilen, aber im Grunde ist da kein großes qualitatives Gefälle. Was nach meiner Wahrnehmung gerade bei LDR zur Irritation (Überforderung) bei vielen zu führen scheint. Mit Erwartungshaltungen war es von jeher so eine Sache. Der Vergleich ist allerdings in jeder Hinsicht vollkommen uninteressant.

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Hold on Magnolia to that great highway moon