Re: Wayne Shorter

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gypsy-tail-wind
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Ich kann das sehr gut nachvollziehen – ich liebe Shorter für die selben Eigenheiten wie Du, vorgarten. Diese suchenden, langen und enorm lyrischen Linien sind einmalig und grad auf den frühen Veejay-Sessions sehr eindrücklich zu hören!

Mit Blakey war das fast wie ein anderer Shorter… einer wohl auch, der einen „Job“ hatte und diesen gut machen wollte. Coltrane hatte ihn ja schon vorgeschlagen als Nachfolger in Miles‘ Quintett, aber Shorter hatte da erst grad bei Blakey angefangen und wollte nicht weg (was wohl ein kluger Entscheid war, denn bald danach war Miles gesundheitlich zu einer längeren Pause gezwungen).

Ich gehöre zu den Verteidigern von Miles‘ 1961er Quintett mit Mobley und Kelly (die ultimative Klub-Band!) und auch zu den Sessions mit George Coleman (auf „Four & More“ und „My Funny Valentine“ spielt er ein paar enorm eindrückliche Soli!), aber schon beim Berliner Konzert ist die Musik völlig neu, anders. Mit Shorter weiss man nie, wohin die Reise geht.

Dass Du die frühen Weather Report Aufnahmen nicht magst, überrascht und enttäuscht mit ein wenig, muss ich gestehen. Ich finde sie sehr toll und ich kann langsam auch Shorters Weg in den Jazz-Rock immer besser nachvollziehen.
Dazu muss man wohl auch ein grosses Augenmerk auf Shorter den Komponisten und Klang-Gestalter, den Tonsetzer (ich mag dieses Wort sehr gerne und es passt wohl zu wenigen Jazzern, die keine Big-Band-Leader oder Arrangeure waren so gut wie zu Shorter). Die kompositorische Seite wurde über die Jahre immer wichtiger, war aber auch bei Miles schon sehr stark ausgeprägt.

Das aktuelle (seit zehn Jahren, mittlerweile!) Quartett find ich auch sehr eindrücklich, in der Tat wohl in Sachen akustischer Jazz etwas vom Eindrücklichsten aus dieser Zeit überhaupt. Diese Art des zwar nicht voraussetzungslosen, aber völlig offenen Improvisierens in der Gruppe beeindruckt mich immer wieder.
Mit Danilo Perez habe ich da gar keine Mühe. Allerdings muss ich sagen, dass ich, als ich das erste Mal über die Band gelesen hatte, mit Perez und noch mehr mit Pattitucci bzw. der Idee, dass die jetzt mit Shorter tolle Musik machen sollten, sehr grosse Mühe hatte. Als ich „FootprintsLive“ dann gehört hatte, waren diese Ängste aber sofort verflogen!

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