Re: Stan Getz

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gypsy-tail-wind
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Keine Ahnung, ob Getz und Evans Freunde waren… waren beides Junkies, hatten genaugenommen also beide keine Freunde. Die Verve-Sessions sind ja eher missglückt, die Live-Aufnahmen aus den 70ern, die auf Fantasy erschienen sind, sind allerdings recht gut.

Und von Evans kommt mir nur grad „From Left to Right“ in den Sinn, sein letztes Verve-Album. Sonst hat er sich eigentlich nie auf solchem Territorium bewegt, oder?

Wenn schon Getz in besonderem Rahmen, dann ja: „Focus“ und „Mickey One“ mit Eddie Sauters Arrangements, oder das Album „Change of Scenes“ mit der Clarke-Boland Big Band. Auch „Communications ’72“ mit Arrangements von Michel Legrand (vor ein paar Jahren in der Jazz in Paris-Reihe auf CD wiederaufgelegt) ist nicht schlecht.

Aber an sich hat Getz so viel gutes aufgenommen, von den Roost über die Prestige Sessions in den späten 40ern und frühen 50ern zu den Verve-Sessions Mitte der 50ern mit Bob Brookmeyer, in Schweden mit Bengt Hallberg (ich glaub übrigens nicht, dass Getz damals länger in Schweden war oder gar dort lebte? er war auch 1951 schon mal dort und nahm ebenfalls u.a. mit Hallberg auf), an der West Coast mit Lou Levy und Shelly Manne (das 3CD-Set „East of the Sun: The West Coast Sessions“ ist wärmstens empfohlen! Die Alben – „West Coast Jazz“, „The Steamer“, „Award Winner“ sowie Teile von „Stan Getz and the Cool Sounds“ – gibt’s wohl auch einzeln auf CD). Dann folgte ein Unterbruch, ab 1960/61 weitere Verve-Sessions, ab da (Verve gehörte zu MGM… Creed Taylor war an Bord) aber weniger klar Jazz-lastig und manchmal nicht so geschmackssicher… aber auch aus der Zeit ist mit „Recorded Fall 1961“ ein grossartiges Album, auf dem Getz wieder auf Bob Brookmeyer trifft.

Ab 1962 beginnen dann die Bossa-Jahre… da halte ich wohl „Jazz Samba Encore“ für das schönste Album, und neben den Klassikern („Jazz Samba“, „Getz/Gilberto“, „Getz A Go Go“) sollte man auch jenes mit Laurindo Almeida nicht übersehen. Mitte der 60er war Getz dann mit einem guten Quartett mit Gary Burton an den Vibes unterwegs (ein paar Stücke sind auf „Getz/Gilberto #2“ zu hören, zumindest auf der erweiterten CD aus den 90ern, die ich gegenüber der neueren „Verve Originals“-Ausgabe bevorzugen würde), sie nahmen anscheinend nie im Studio auf, aber es gibt „In Paris“ (1966 – zuletzt als Jazz in Paris-CD) und „Nobody Else But Me“ (Verve, 1964).

1967 folgt mit „Sweet Rain“ wieder ein Klassiker (Getz mit Chick Corea, Ron Carter und Grady Tate, erneut bei Verve), dann wieder eine Pause, bis 1971 „Dynasty“ erscheint, Orgeljazz! mit! Getz! Mit ihm: Eddy Louiss! René Thomas! Bernard Lubat! Grossartiges Doppel-Album (wieder Verve).

Danach beginnen die durchzogenen Jahre… aber an akustischen Jazz-Aufnahmen gibt’s das wunderbare „The Peacocks“ mit Jimmy Rowles, „The Master“ mit Albert Dailey, Clint Houston und Billy Hart (beide Columbia) oder das schöne „Poetry“ (Elektra, Duo mit Dailey, zuletzt bei Blue Note wieder auf CD… oder gibt’s das auch bei Wounded Bird wieder? Und warum denk ich immer zuerst „wounded knee“ wenn ich an dieses Label denke?).

„The Master“ von 1980 könnte man bereits als den Auftakt zum Spätwerk betrachten. In der Folge nahm Getz bis kurz vor seinem Tod fast nur noch grossartige Alben auf, zuerst für Concord (herausragend: „Pure Getz“ mit Jim McNeely), dann für Polygram/Verve/whatever (herausragend: „Anniversary“ und „Serenity“ im Quartett mit Kenny Barron sowie die schon mehrfach erwähnten „People Time“-Aufnahmen, von der 2009 eine Box erschienen ist). Und selbst auf dem Label der MOR-Entgleisungen (A&M) gab’s mit dem erwähnten „Bossas & Ballads“ ein schönes, wenngleich damals unveröffentlichtes Jazz-Album (erneut mit Barron übrigens, im Quartett).

Worauf ich hinaus will ist: es gibt von Getz so viel tolle Musik, man braucht sich eigentlich mit Dingen wie „Reflections“ oder „Apasionado“ nicht herumzuschlagen, bevor man nicht alles kennt, was ich oben angesprochen habe!

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