Re: Milt Jackson

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gypsy-tail-wind
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Ich hab grad einen Sterne-Thread gestartet, aber selber noch nichts gepostet, da ich in den kommenden Tagen einiges wiederhören möchte. Danke für die Anregung, Alex! Die Scheibe, die am häufigsten läuft, ist wohl „Things Are Getting Better“ mit Cannonball Adderley, sonst wird Jackson oft zuwenig berücksichtigt hier!

Kurzbericht (#1)

Big Bags (Riverside, 1962) – Ein eher ruhig geratenes, streckenweise geradezu verschlafenes Album. Wilkins‘ Arrangements sind ohne Tadel, Damerons sind sehr schön, mit den üblichen „cremigen“ Bläser-Passagen, die ich so liebe bei ihm… aber zu seinen vier lyrischen Arrangements (darunter auch „‚Round Midnight“) wäre ein etwas peppigerer Kontrast nötig gewesen, den Wilkins nicht liefert. Von der tollen Band (u.a. Nat Adderley, Clark Terry, Jimmy Cleveland, James Moody, Jimmy Heaeth, Hank Jones, Ron Carter, Connie Kay, sowie an dessen Platz auf einigen Stücken Philly Joe Jones) ist leider auch recht wenig zu hören. ***

Milt Jackson and Big Brass – For Someone I Love (Riverside, 1963) – Melba Liston macht einiges richtig, was auf „Big Bags“ schief gelaufen ist. Die Arrangements haben Pep, setzen einen Kontrapunkt zu Jacksons elegantem Spiel. Die Besetzung macht es ihr allerdings auch etwas einfacher: wie der Titel sagt sitzen in der Band neben Bags und der Rhythmusgruppe (Hank Jones, Richard Davis, Charlie Persip bzw. Jimmy Jones, Davis und Connie Kay) nur Blechbläser, darunter Thad Jones, Dave Burns, Clark Terry, Snooky Young, Jimmy Cleveland, Quentin Jackson, Julius Watkins und nicht zuletzt Major Holley an der Tuba. Die Band ist solistisch stärker integriert (ich hab keine Liner Notes, aber ich nehme an die Trompetensoli kommen von Terry und eins oder zwei von Thad Jones), Watkins steuert ein paar schöne Momente bei, ebenfalls Major Holley (schön rumpelndes Solo auf dem abschliessenden „Bossa Bags“). ****

Roll Em Bags (Savoy, 1949 & 1956) – Eins der vielen eigenartig gemischten Savoy-Alben, das aus frühen Bop-Aufnahmen und neuen Stücken aus der Zeit der Veröffentlichung (MG 12042) stammen. Die frühe Session ist mit Kenny Dorham, Julius Watkins, Billy Mitchell, Curly Russell und Kenny Clarke prominent besetzt und die sechs kurzen Stücke gefallen. Dann vorwärts nach 1956… hier sind wir mitten in Jacksons vielleicht allerbesten Aufnahmen, dem Quintett mit Lucky Thompson. Die erste Nummer ist „Come Rain or Come Shine“, das eine Stück von den Sessions, das in der Bags Properbox („Bags of Soul“, 4CD) leider übergangen wurde (stattdessen ist „Angel Face“ doppelt enthalten, als #1 von CD3 und CD4). Thompsons Soli sind unglaublich, sein Ton altmodisch und gross, aber nicht so gross wie etwa jener von Benny Golson… das gibt ihm eine grössere Biegbarkeit und Flexibilität, er nutzt sie auch, um mit seiner speziellen Intonation seine ganz eigene Modernität zu beweisen… im Solo über „Fred’s Mood“ hört man ihn an einer Stelle zwischen zwei Phrasen einen kurzen Seufzer ausstossen. Wade Legge, Wendell Marshall und Kenny Clarke sind die perfekte Begleitung dafür, Bebop in Reinkultur (Legge spielte mit Bags auch schon in der „schlechten“ Band von Dizzy in den frühen 50ern). ****1/2 (1949: ****, 1956: *****)

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