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Die beiden Esquire-Tracks sind übrigens auch im RCA-Set zu finden:
(Ich hab die 1997er Version mit dem schwarzen Cover.)
Kyle ist bestimmt ein guter Pianist, aber er hatte halt – wie alle All Stars, Satchmo inklusive – seine Manierismen… die frühen All Stars mit Teagarden und Hines sind noch nicht so routiniert, entsprechend auch nicht so perfekt aufeinander abgestimmt, aber ich finde musikalisch läuft grad beim Hollywood Empire-Set schon einiges mehr als später. Aber Kyle schlechtmachen will ich gar nicht, ich will nicht mal die Rhythmussklaven schlecht machen, die in den späteren All Stars spielten, auch wenn Danny Barcelona weiss Gott nicht im entferntesten in die Nähe von Big Sid Catlett kam.
Und mit Teagarden, der in den frühen All Stars Jahren wohl noch wichtiger als Hines war, hatte Armstrong einen musikalisch ebenbürtigen Partner dabei – ich höre grad die paar Tracks vom Town Hall-Konzert, die im RCA 4CD-Set zu finden sind… wunderbar, auch wie die beiden zusammen singen!
Ob Armstrong sich mit der Big Band unwohl gefühlt hat, weiss ich nicht. Glaube ich aber kaum. Es war wohl eher – wie bei fast allen eingegangenen Big Bands – das Problem, dass die grosse Band sich wirtschaftlich schlicht nicht mehr halten liess.
Leonard Feather bemühte sich Mitte der 40er Jahre darum, ein Carnegie Hall-Konzert für Armstrong zu organisieren – erst nach längerer Zeit willigte dessen Manager Joe Glaser ein und am 8. Februar 1947 fand das Konzert schliesslich statt. Man hatte sich geeinigt, dass Armstrong zur Hälfte mit seiner Big Band – an der ihm viel lag – und zur anderen Hälfte mit einer kleinen Combo auftreten würde, die auch aus seinen regulären Begleitern bestehen würde, während die Gäste Billie Holiday und Big Sid Catlett dazustossen sollten. Die Kritik freute sich besonders über die Hälfte mit der kleinen Band, aber Armstrong wollte seine Big Band nicht entlassen. Er scheint gegenüber seinen Sideman stets enorm loyal gewesen zu sein.
Es folgten letzte Aufnahmen für RCA mit der Big Band, ein paar schöne Stücke wie „I Wonder, I Wonder“ und Armstrongs eigenes „Why Doubt My Love“ (mit Worten von Helen Mercer) entstanden am 12. März 1947.
Am 17. Mai fand dann das erwähnte Konzert in der Town Hall statt, bei dem Armstrong mit Jack Tagarden, Bobby Hackett, Sid Catlett, Peanuts Hucko und anderen auftrat – das Ergebnis ist grandios (jedenfalls soweit ich’s kenne – im RCA 4CD-Set finden sich nur die ursprünglich veröffentlichten sechs Stücke es wurden insgesamt 21 eingespielt).
Teagarden und Armstrong fanden sich in der gleichen Lage: ihre Big Bands kosteten zu viel und sie musste sich neu orientieren. Also engagierte Armstong den texanischen Posaunisten und Sänger, der mit seinem super-relaxten Spiel und Gesang einen perfekten Partner darstellte. Am 10. Juni standen Armstrong, Teagarden, Hackett und Huckowieder zusammen im Studio, diemal sass Johnny Guarnieri und Cozy Cole – ein künftiger All Star – am Schlagzeug.
Im Juli spielte die Big Band ihr letztes Engagement im Apollo in New York und nach ein paar Wochen Pause kehrte Armstrong nach Hollywood zurück (für den Film „A Song Is Born“). Das Live-Debut der All Stars fand am 13. August 1947 im Billy Berg’s in Los Angeles statt – dem gleichen Klub, in dem Dizzy Gillespie und Charlie Parker erstmals den Bebop an der Westküste präsentiert hatten. Am 16. Oktober folgte dann die erste Studio-Session der All Stars: Teagarden, Barney Bigard, Dick Carey, Arvell Shaw, Sid Catlett. Die Ergebnisse der beiden Small Group Sessions (Juni und Oktober) sind sehr toll und zeigen Armstrong in bester Form und – wie schon im beinah perfekten Solo über „Snafu“ mit den Esquire All Stars – so modern, wie er auch später nie mehr spielen würde. 1947 war er jedenfalls für kurze Zeit (fast) auf dem aktuellen Stand, was sein Trompetenspiel betraff.
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