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Na dann knalle ich meinen umfangreichen Nerd-Text hier noch mal rein. Natürlich nicht so wissenschaftlich fundiert, wie es die meisten hier können.
Künstler: Das muss man erst mal schaffen. Nach einem Album plus einem Minialbum kann Lady Gaga sich schon auf über 50 Mio verkaufte Platten und 5 Grammys berufen. Diese Frau hat tausend Gesichter und man kann sie weder Überhören noch Übersehen, egal wie sehr man es versucht. Aber ganz ehrlich, das wollen wir ja auch gar nicht. Wir wollen Gaga und wir sind scharf auf ihr neues Album, ihre neue Tournee und all die fetzigen Sachen, die diese extravagante, aber furchtbar sympathische Frau so auszeichnen. Und nun ist es auch soweit. Es ist Zeit für „Born This Way“!
Album: Das Album startet mit der Uptempo-Nummer „Marry The Night„, die zunächst ruhig beginnt, sich aber nach wenigen Sekunden unweigerlich nach vorne kämpft. Produziert wurde das Stück von Fernando Garibay, der auch schon Songs auf den letzten Alben von U2, Natalia Kills und Gaga selbst mitschrieb. Der Song überzeugt durch starke Vocals der Sängerin und einem Refrain, der sich sofort ins Gehirn frisst und mir auf Anhieb gefallen hat. Und schon bin ich wieder verliebt in diese Musik. „Born This Way“ ist ja allseits bekannt, dennoch kann man nicht genug bekommen. „Born This Way“ ist hier Madonna und da 90er-Eurodance. Die Aussage des Songs ist positiv. Gleichheit und Freiheit für alle. Simpel, effektiv und absolut passend zur Melodik des Songs. Auf jeden Fall klingt nicht nur dieser Song ausgesprochen europäisch. Lady Gaga setzt sich nachhaltig vom Billboardcharts-Einheitsbrei ab. Gesund, mutig und wunderbar! Einer DER Songs des Jahres! „Government Hooker“ beginnt mit einem kirchenartigen Gesang, elektrischen Spielereien und einem Übergang in einen düsteren, finsteren und tiefen Beat. Der Song ist sehr untypisch für Gaga. Besonders genial ist der Rhythmuswechsel von den stampfenden Strophen in den Refrain. Es wäre unglaublich mutig, diesen Song als Single zu veröffentlichen. Aber ein grandioses Video lässt sich dazu sicher drehen. In der Summe bekommt mit man hier wohl eines der ungewöhnlichsten Gaga Stücke zu hören und auch eines der besten. „Judas“ fällt ein wenig ab, da es letztlich grob gesehen ein „Bad Romance 2.0″ ist. Gaga zitiert sich musikalisch selbst, liefert aber trotzdem neue Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass es auch passieren kann, dass eine Strophe besser ist, als der folgende Refrain. Der Beat des Songs ist einfach nur genial. Wirklich genial. Der Refrain ist mir leider etwas zu 08/15-mäßig für Gaga-Verhältnisse. Für alle anderen natürlich immer noch unerreichbar ;) Das letzte Viertel des Songs punktet dann aber noch mal auf ganzer Linie, mit einem grandiosen Beatwechsel und leichten House- und Dubstep-Einflüssen. „Americano“ beginnt sehr theatralisch und begibt sich dann eindeutig in Latino-Einflüsse, die derartig überspielt sind, das es regelrecht witzig ist. Der druckvolle und mächtige Bass knallt mal ebenso drüber. Jedenfalls zeigt der Song wieder eine ganze andere Seite von Gaga. Ich glaube „Americano“ wird die Musikliebhaber in ihrer Meinung spalten. Die Frau bewegt sich hier zwischen Genialität und totalem Trash. Zwischen Autoskooter und Anspruch. „Hair“ erhöht anschließend das Tempo und ist wieder eine klassische Dance-Nummer, mit markanten Synthies, kräftigem Beat und eingängigen Vocals. Einige Sequenzen des Albums erinnern zuweilen an die Video-Interludes der „Monsters Ball Tour“. „Hair“ gehört sicherlich nicht zu den Highlights des Albums, ein garantierter Hit wäre es trotzdem, nicht nur auf Grund des Bruce Springsteen-Gedächtnis-Saxophons im Hintergrund. Ein wahres Monster des Albums ist „Scheiße„. Der Song hat einen wahnsinnigen Beat und wundervolle Elektrospielreien. Dazu gesellt sich ein absoluter Non-Sense Text, der Deutsch, Französisch (?) und Englisch und vielleicht sogar noch Fantasiesprachen mischt. Ein wahres Highlight des Albums. Der Song hat über Kopfhörer einen derartig bumsenden Beat, da kann man kaum stillhalten. Hier ist wirklich die Musik der Hauptprotagonist und nicht Lady Gagas Vocals. Und es ist endlich mal wieder eine richtige Großtat von Produzent Red One. Supreme! I Don’t Speak German, But I Can If You Like. „Bloody Mary“ beruhigt dann wieder etwas. Doch was hat dieser Song nicht alles zu bieten? Gruselige Sounds, Stimmenverzerrungen, Schreie, Melodien, die sich spätestens beim zweiten Hören als göttlich erweisen und einfach den üblichen Gaga-Genius (Non-Sense Silbengesang FTW!). Single Alarm! Mit „Bad Kids“ folgt mein persönliches Highlight des Albums. Im Intro hören wir schicke Riffs und eine euphorisch-wütende Gaga. Der Stampf-Beat steigt ein, weiterhin begleitet von den Gitarren und guten Vocals. Die Bridge ist dann wieder synthielastiger, aber ebenso melodisch, doch der Höhepunkt ist ganz klar die fantastische Melodik des Refrains. Die Vocalmelodik ist gigantisch und die Electrosounds unbeschreiblich gut und sommerlich. Könnte mein Sommerhit werden. Gute Laune³. „Highway Unicorn“ beginnt mit einem wunderbar melodischen Part, ändert sich dann aber direkt in düstere, verzerrte Strophen mit einem starken Instrumental. Nichts lässt darauf schließen, dass der Refrain optimistisch, positiv und absolut pompös klingt. Das tut er aber. Herrlich. Stark. Eigentlich wäre der Song aufgrund der Theatralik im Refrain und all den hymnischen Elementen ein perfekter Abschluss für das Album. Doch es kommt ja noch viel mehr. Am Ende taucht das über das ganze Album verteilte Kirchenthema wieder auf, mit kitschigen aber dennoch wundervollen Orgelsynthies. „Heavy Metal Lover“ agiert etwas schleppender und sehr außergewöhnlich. Der Song ist sehr verhalten und man weiß nicht was der Refrain mit sich bringt. Doch dieser ist so simpel wie genial. Diese Melodik gräbt sich ein Loch durch die Gehörgänge. Magisch. Gaga. Perfekt. Ebenfalls ein absolut unerwartetes Stück, das derartig groß ist, dass man es einfach selbst gehört haben muss. „Electric Chapel“ beginnt mit Judas Priest-Riffs und Synthies, sowie Piano-Klängen. Die Beschreibung klingt bescheuert, ich weiß. Dann folgt ein Dance-Beat und ganz starke Vocals in der Strophe. Der Refrain bleibt ruhig und fordert nicht auf Teufel komm raus zum Tanzen auf. Der Song erschließt sich mir als anspruchsvoller und nicht ganz einfacher Popsong. „Yoü And I“ ist der einzige Song, der einer Ballade ähnelt, aber eher einer Power-Ballade, mit Country-Gang-Vocals, dreckigen Gitarrenriffs, einer Menge Klavier und dem ganz großen Pathos. Ja, es ist irgendwie das „Home Sweet Home“ von Lady Gaga und es wird definitiv live richtig rocken. Besonders die stimmliche Leistung von Gaga kommt hier stark zur Geltung. Die Frau hat es einfach drauf. Das Stück featured übrigens Brian May, den legendären Queen-Gitarristen. Eine Dance-Nummer zum Abschluss lässt sich Miss Gaga natürlich nicht nehmen. „The Edge Of Glory“ ist eine Ibiza-Volldampf-Hymne, mit unfassbar viel Pop und Springsteen-Saxophon (!). Als einzelnen Song sehe ich den Song nicht so stark, Albumkontext ist er genial. „Born This Way“ ist mindestens so gut wie das bisherige Material dieser Ausnahmekünstlerin. Ich behaupte im Laufe der Zeit wird es sich sogar noch erheben.
Fazit: Das beste Album des Jahres. Und vermutlich noch viel mehr.
Highlights: „Marry The Night“, „Born This Way“, „Scheiße“, „Bloody Mary“, „Bad Kids“, „Highway Unicorn“, „Heavy Metal Lover“, „Yoü And I“, „The Edge Of Glory“.
Gesamteindruck: *****
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