Re: "Django Unchained" – der neue Tarantino

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Okay, ich versuch’s nochmal ohne Zorn. Zunächst mal: Wer den Vergleich KZ-Lagersystem und Sklavereisystem kritsieren will, soll sich bitte an Tarantino wenden und nicht an nail75. Welche Bilder bei mir den Vergleich angetriggert haben, hat nicht-vom-forum weiter oben schon sehr scharfsichtig beschrieben. Ich selber habe noch weiter oben ebenfalls auf einiges hingewiesen, unter anderem auf die vielen deutschen Spuren, die sich durch den Film ziehen. Und das verlinkte Spiegel-Interview belegt ja eindeutig, dass das, was uns zunächst als „Überinterpretation“ vorgehalten wurde, von Tarantino selber so intendiert ist. Tarantino zieht in Django Unchained diesen Vergleich, das nehme ich hiermit jetzt einfach mal als gegeben.

Und jetzt zur Frage, ob der Vergleich „erlaubt“ ist.

Beim Vergleich zwischen KZ-System und Sklavereisystem liegen einige massive Unterschiede klar auf der Hand: Zumindest in den Vernichtungslagern war das Morden Selbstzweck, die Ausrottung das einzige, von jeder ökonomischen Ausbeutungslogik abgekoppelte Ziel, und es wurde mit extremer bürokratischer Rationalität, hohem logistischen Organisationsgrad und quasi-industrieller Effizienz umgesetzt. Selbstverständlich gilt all das nicht für das Sklavereisystem.

Die Parallelen aber sind auch nicht zu übersehen: Die brutale, mörderische Verfügbarmachung riesiger Menschengruppen im ganz großen Stil, rassistisch pseudolegitimiert.

So. Und jetzt kann man sagen:

(1) Tarantino verharmlost das KZ-System, indem er es mit dem Sklavereisystem vergleicht.

Oder:

(2) Tarantino wendet sich gegen die Verharmlosung des Sklavereisystems, indem er es mit dem KZ-System vergleicht.

Ich plädiere für letzteres. Tarantino wählt hier sozusagen den gröbsten Keil, die größte Keule, um den zivilisatorischen Monumentalskandal, der im Sklavereisystem liegt, in aller Schärfe kenntlich zu machen. Natürlich ist das provozierend. Es provoziert ganz offensichtlich einige hier im Forum. Es provoziert aber auch all diejenigen, die in den USA heute noch so tun, als sei es im antebellum south so zugegangen wie in „Vom Winde verweht“.

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