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Django Unchained ****
Ein großartiger Film mit einigen Schwächen. Die „Ku-Klux-Klan“-Szene (ist ja kein Klan) ist in der Tat etwas albern, aber nicht furchtbar störend. Was mich eher störte ist die Tatsache, wie Django gefangen genommen wurde und dann Tarantino und die anderen verarscht. Das war extrem konstruiert, auch durch die unglaublich bemühten Versuche von T. diese Wandlung der Dinge unheimlich plausibel erscheinen zu lassen.
Dennoch ist dieser Film großartig: ich kenne keinen anderen Film, der den alten Süden dermaßen brutal in Einzelteile zerlegt. Es werden ja nicht nur die Schrecken der Sklaverei thematisiert, was ja allein eine Seltenheit ist, sondern auch die Primitivität der armen Weißen und die Dekadenz und Selbstgerechtigkeit der aristokratischen Oberschicht der Südstaaten (also die großen Sklavenhalter). Am Süden bleibt wirklich außer der Landschaft nichts Positives: Der alte Süden ist nichts weiter als ein großes KZ mit den Weißen als Aufsehern.
Dennoch – und auch darin gleicht der Süden einem KZ – zeigt der Film, dass nicht alle Sklaven gleich sind. Manche werden zu Tode gearbeitet oder gefoltert, andere genießen ein fast luxuriöses Leben und sind gar Vertraute ihrer Besitzer. Ganz entscheidend ist, dass der Film auch dauernd die sexuelle Ausbeutung von Sklavinnen und überhaupt den sexualisierten Rassismus der Südstaatler thematisiert. Das hat Tarantino alles ganz ausgezeichnet dargestellt.
Die Darsteller sind auch großartig, vor allem Leonardo DiCaprio. Die Szene beim Dinner allein ist umwerfend. Gut hat mir auch Christoph Waltz gefallen, der natürlich nicht die Rolle aus IG ein weiteres Mal spielt. Im Gegenteil, ich hatte den Eindruck, dass die Rolle als exaktes Gegenteil angelegt ist, so als wollte Tarantino den Deutschen etwas gutes tun.
Schultz ist höflich, gebildet, fürsorglich, ehrenwert, besitzt einen einwandfreien Sinn für Moral, hasst die Sklaverei und verabscheut die Sklavenhalter. Er ist natürlich auch ein brutaler Kopfgeldjäger, der hemmungslos tötet, aber seine Sache ist gerecht. Das ist jedenfalls die Haltung des Films.
Inglorious Basterds war der bessere Film – Django Unchained ist der wichtigere, gerade auch wenn ich bedenke, wie viele junge Amerikaner den sehen werden, die von der Sklaverei vielleicht gar nicht viel wissen.
Zum vielbeklagten Tarantino-Publikum: Es waren 80% Studenten im Saal, wir zählten zu den ältesten Zuschauern. Obwohl der Saal sehr voll war, blieb die Stimmung konzentriert. Kaum Geräusche, so aufmerksam haben die Zuschauer den Film verfolgt. Manche witzigen Szenen (und keineswegs nur die von Christoph Waltz) führten zu leisem Gelächter, aber niemand hat rumgebrüllt oder gegröhlt.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.