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Sein Debütalbum For Emma, Forever Ago nahm Bon Iver (eigentlich Justin Vernon) unter dem Eindruck von enttäuschter Liebe, Krankheit und Trauer in der Isolation des ländlichen Wisconsin auf. Daher vermittelte es einen starken Eindruck für den Ort, an dem es entstand und die damit verknüpften Emotionen. Bon Ivers selbstbetiteltes zweites Album erweitert die emotionale Darstellung von Orten, indem Justin Vernon diesmal in den Songtiteln imaginäre und reale Orte zum Schauplatz seiner skizzenhaft geschilderten Beziehungen und assoziativ dargestellten Erlebnisse macht. Trotz aller Melancholie, die auch dieses Werk auszeichnet, ist Bon Iver weniger introspektiv als das Debütalbum. Das liegt an der exzellenten Instrumentierung und den teilweise herausragenden Arrangements. Am kontroversesten erweist sich das mit viel Hall, 80er-Synthies und -Gitarre ausgestattete Beth/Rest, das manche– nicht ganz zu Unrecht – an Phil Collins erinnert. Ansonsten erweist sich Bon Iver aber als gewohnt fein gewobenes Werk: Es finden sich entrückte Chöre, verhuschte Bläser, vielfältige Percussion, geisterhafte Violinen, Pedal Steel, Klavier und akustische und elektrische Gitarren, die mal klar und hell, mal verhallt oder rockig klingen. Durch diese kleinen musikalischen Details bietet jedes Lied delikate Momente, die durch Schönheit und Ausdrucksstärke bestechen. Obwohl Bon Ivers charakteristisches Falsett die meiste Aufmerksamkeit erregt, variiert er seinen Gesang doch nicht nur bezüglich der Stimmlage, sondern inszeniert seine Lieder gekonnt durch die bewusste Verwendung bestimmter Reimschemata, Lautmalerei und Tempiwechsel. Die Qualitäten von Justin Vernon als Sänger und Songwriter sind seit For Emma, Forever Ago unstrittig, mit Bon Iver etabliert er sich auch als herausragender Komponist und Arrangeur.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.