Re: The Felice Brothers ~ Celebration, Florida

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themagneticfield

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Vom Hot Shit zur Nichtbeachtung innerhalb weniger Jahre. Woran liegt es? An der gewissen Änderung des Stils? An der Sommersmüdigkeit? An fehlenden Forumianern?

Das neue Album gefällt mir ausgesprochen gut, mit seinem Electro-Americana, der wenn man es genau betrachtet allerdings nicht komplett durchgezogen wird, was ich (anfangs) etwas schade finde. Auf der ersten Seite der Platte sollten The Felice Brothers alle „alten“ Fans, die business as usual erwarteten, überraschen. Da wird geloopt, gesamplet und mit Beats unterlegt, dass es eine wahre Freude ist. Es werden so viele Details untergebracht, dass man manchmal wirklich meint, die 4-5 Minuten des Tracks umfassen mehrere Songs. Bevor das allerdings zu sehr abschreckt, das alles wird äußerst stimmig zusammengeführt und natürlich hat sich auch an der leicht dreckigen Stimme des Sängers nichts geändert. Schon der Einstieg mit seinem Kinderchorgesang/geschrei klingt wie direkt aus einer Session des Dead Man’s Bones Debüt-Albums entliehen, düster, drängend, cool. „Container Ship“ folgt dann mit einem fast schon gespenstischen Klang, mit einem wunderbaren Klavier, das auf diesem Album im allgemeinen sehr präsent ist. Und gerade als man so richtig von diesem verhaucht dunklen Sound umweht wird, setzt der Beat ein. Toll. Danach „Honda Civic“, verhaltener Anfang und plötzlich Bläser Galore und im Refrain dann quasi eine Westcoast/Americana Version von Boo Radleys „The Old News Stand In Hamilton Square“, falls sich an das noch jemand erinnert. Für mich der frühe Höhepunkt des Albums.Und direkt nachdem man das Gefühl hatte, The Felice Brothers treiben uns zum ersten Mal auf die Tanzfläche, wird der Schwung mit der Ballade „Oliver Stone“ wieder gedrosselt, die wunderbar opulent wieder diverse Blasinstrumente und Klavier kombiniert, um dann in der letzten Minute in einem Radiorauschen inklusive Sendersuchlauf auszuklingen, respektive in die Single „Ponzi“ überzuleiten. Dies ist sicherlich der zweite outstanding, weil am meisten ungewohnte Track der ersten Seite, wieder Beat, Chorgesang leichter Souleinschlag, Breaks und zum krönenden Abschluss ein perfekter Diskoausklang. Eine für mich absolut mutige und in ihrer Vielfalt (manchmal glaube ich fast The Polyphonic Spree zu hören) großartige erste Seite geht zu Ende. Wer sich bis dahin von der Gruppe der Fans, die primär gerne alten Wein in alten Schläuchen kredenzt bekommen hätte, nicht abgewandt hat, sollte mit der zweiten Seite des Albums dann etwas glücklicher werden. Auch wenn der erste Song „Back in The Dancehalls“ noch mit einem Beat beginnt, wird es in der Folge doch deutlich „normaler“, was in diesem Falle leider auch Hand in Hand mit einer gewissen Sperrig und Gleichartigkeit der Songs geht. Allerdings wachsen auch diese nach und nach und offenbaren immer mehr kleine Widerhaken, die sich dann doch im Ohr festsetzen, man höre nur den unglaublich windschiefen (jodeligen) Gesang im Refrain von „Dallas“ oder das LaLaLa (wieder mit dem Kinderchor)-Bläser-Ende von „Cus’s Catskill Gym“ Das Album beschließt dann mit den beiden vielleicht typischsten Stücke der „alten“ Felice Brothers „Best I Ever Had“ und „River Jordan“. Was bleibt nach diesen gut 45 Minuten ist für mich das beste Felice Brothers Album seit des Debüts „Tonight at The Arizona“, eine überraschende Wandlung im Sound und ein spannender und hoffentlich nicht zu viele Fans vergraulender Schritt zu neuen Ufern.

****1/2

Und auch, wenn sich wohl kaum noch jemand für die Band interessiert, wäre eine Verschiebung zu den Neuen Platten, wenn möglich mit Abstimm-Funktion, denke ich angebracht. Danke

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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!