Re: blindfold test #2 – vorgarten

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vorgarten

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#10

AMINA CLAUDINE MYERS: SIENNA MAIMOUN (marion brown) 3:56
amina claudine myers (p)
rec. 26.7.1979
from POEMS FOR PIANO: THE PIANO MUSIC OF MARION BROWN | sweet earth 1979

ich weiß nicht genau, wie es dazu kam, dass marion brown klaviermusik komponierte, die er selbst offensichtlich niemals aufnahm. ich weiß auch nicht, wie ausgerechnet amina claudine myers dazu kam, diese dann als interpretin einzuspielen. jedenfalls mag ich beide sehr und fand das eine schöne möglichkeit, sie gleichermaßen zu berücksichtigen. myers hat viel gemacht bisher, nicht alles wirklich geschmacksicher, ihre gospelsachen finde ich manchmal schwer erträglich, anderes (bei lester bowie, james blood ulmer, archie shepp) wiederum sehr cool. ihr trio (in unterschiedlichen besetzungen) ist eine feste größe für mich, ihre kompositionen wie JUMPNG IN THE SUGAR BOWL auch. SIENNA MAIMOON klingt zuerst etwas schmockig, aber enthüllt nach und nach schöne details, umspielungen, kräftige akzente mit der linken hand, ein sehr schönes ende, eine fähigkeit, aus der komposition die essenz herauszuarbeiten. irgendwann (so ging es hier ja auch einigen) ist man ganz glücklich damit…

#11

TONY MALABY: FLOATING HEAD (tony malaby) 7:43
tony malaby (ts), william parker (b), nasheet waits (dm)
rec. 13.6.2007
from TAMARINDO | clean feed 2007

hierüber haben wir ja auch schon gesprochen. ein autoritärer bassriff von parker, ein ständig angeworfener, stoternder, wieder gedrosselter motor des drummers, der sich auf knapp 8 minuten unmerklich steigert – und eine darüber singende tenorstimme. malaby kriegt das wunderbar hin, sich vom druck der rhythm section zu emanzipieren und trotzdem kontakt zu halten, um schließlich in einem gemeinsamen fetten höhepunkt zu landen, der auch das album beschließt. mir treibt das stück jedes mal beim hören schweißtropfen auf die stirn, insofern ist es vielleicht tatsächlich das gegenteil vom relaxten ersten stück hier.

#12

DOUG HAMMOND: PEAKA’S DANCE (doug hammond) 2:34
doug hammond (dm), dwight adams (tp), marion hayden (b)
rec. detroit 1996
from IT’S BORN | jpc 1996

doug hammond ist ein wirklicher alleskönner an den drums. er kann swingen (wie hier), hat aber auch eine spezielle percussionphilosophie des ausdünnens und aussparens entwickelt, die – spätestens seit seiner frühen zusammenarbeit mit steve coleman (u.a. auf PERSPICUITY und SPACES ist das dokumentiert) – sehr entscheidend für die m-base-bewegung wurde. seine bewegte musikerbiografie startet in tampa, florida, führt aber schon in den 60ern nach detroit (gründung der detroit creative musicians association), nach new york (james blood ulmer, charles mingus, sonny fortune), wieder nach detroit (fusion projekte mit david durrah, auf ziemlich begehrten tribe samplern zu haben, ein eigenartiger space-africa-soul-freejazz-blend) nach deutschland, als schlagzeuglehrer nach österreich (bis 2007) und danach wieder nach detroit. fan bin ich vor allem durch konzerte geworden, hammond ist – trotz seines skurrilen humors und seiner merkwürdigen gesangseinlagen – eine wirklich autoritätsperson hinter dem schlagzeug, der den eindruck macht, wirklich jeden schlag bewusst zu setzen – und dabei wirklich unablässig swingt. das stück hier ist vielleicht ein bisschen zu simpel, um das alles zu demonstrieren, ich finde das aber sehr knackig und auf den punkt gespielt.

#13

STEVE WILLIAMSON: CELESTIAL BLUES (andy bey) 6:56
steve williamson (ts), jhelisa anderson (vo), hubb (leonard hubbard) (b), B.R.O.theR.? (ahmir khalib Thompson) (dm), henri jelani defoe (g), jason rebello (el p)
rec. 1994
from JOURNEY TO TRUTH | verve forecast 1995

das problemkind dieses mixes hat bislang, obwohl er eine strenge, originelle und komplexe musikerpersönlichkeit ist, kein einziges wirklich stimmiges album herausgebracht. das erste, A WALTZ FOR GRACE (von steve coleman produziert) pendelt unausgegoren zwischen m-base und hardbop, das zweite (RHYME TIME) ist ein ähnlicher gemischtwarenladen, das letzte JOURNEY TO TRUTH fliegt in drei völlig verschiedene teile auseinander (soul, hiphop und coltrane-sanders-spiritualität). danach wurde es still um ihn und seit ein paar jahren ist er wieder in deutlich experimentelleren kontexten zu hören (unter anderem in elektroakustischen improvisationen mit pat thomas – dem laptop-künstler! – und roy campbell). toll fand ich ihn (auch live) als fiebrigen gegenpart zu graham haynes, über seinen ton habe ich schon geschwärmt.
dieses stück hier hat eine referenzversion – andy bey hat es mit gary bartz und seiner NTU TROOP auf dem zweiteiligen album URBAN BUSH MUSIC aufgenommen. dieses original ist legendär (taucht sogar in einem tarantino-film auf, wie ich gehört habe – ich hasse ja tarantino-filme) und funktioniert, wie man hört, ganz ähnlich wie die aufnahme von williamson. warum ich sie mag, habe ich schon beschrieben.

danke für’s mitmachen und/oder interesse!
freue mich auf den nächsten bft.

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