Re: Berlinale 2011 – 10. bis 20. Februar

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witek-dlugosz

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Anna, eine in den USA lebende Chinesin, tötet im Affekt ihren Mann. Sie landet im Gefängnis. Sieben Jahre später bekommt sie für 72 Stunden Ausgang, um am Begräbnis ihrer Mutter in Seattle teilnehmen zu können. Die verschlossene, von der Isolation der vergangenen Jahre gezeichnete Frau, nimmt den Bus nach Seattle. Der draufgängerische Koreaner Hoon (wie sich herausstellt, ist er ein Callboy für wohlsituierte US-Koreanerinnen, dem der Mann einer seiner Kundinnen nach dem Leben trachtet) bittet sie, ihm Geld für das Ticket nach Seattle zu leihen. Sie willigt ein und er gibt ihr als Pfand seine Armbanduhr.
Im Haus ihrer Mutter wird sie herzlich, wenn auch mit Blick auf ihre Situation wenig feinfühlig empfangen. Ihr Bruder behelligt sie gleich mit seinen Verkaufsplänen für das Haus und bittet sie um ihre Unterschrift. Sie trifft auf ihre Jugendliebe, einen Freund des Bruders. Zwischen Anna und ihm funkt noch etwas, doch er ist mittlerweile verheiratet.

Am nächsten Tag stromert Anna durch Seattle, kauft in einer Boutique ein – und trifft auf Hoon. Sie fragt ihn, ob er sie wolle, sie gehen in ein Motel – doch Anna kann nicht mit ihm schlafen. Er bietet sich als Stadtführer an – sie machen eine Stadtrundfahrt, gehen griechisch essen und gehen auf einen Jahrmarkt. Dort beobachten sie ein Paar, dessen vermeintlichen Dialog sie aus der Ferne synchronisieren und dass in einer blöden surrealen Sequenz zu tanzen anfängt, schließlich abhebt und damit zum Glück verschwunden ist. Anna sagt Hoon (zunächst in der gemeinsamen Sprache Englisch) die Wahrheit: dass sie am nächsten Tag zur Beerdigung ihrer Mutter und anschließend zurück ins Gefängnis muss. Auf Chinesisch erzählt sie ihm dann (natürlich ohne dass er es versteht) ihre Liebesgeschichte. Sie kommen einander näher und nehmen Abschied.

Doch Hoon taucht überraschend beim Begräbnis auf. Er steigt auf die Lüge von Annas Jugendliebe gegenüber seiner Frau ein, dass Anna in den vergangenen Jahren in China gewesen sei.Er sei selbst Chinese, sei mit ihr nach Seattle gekommen und wolle sie heiraten. Die Frau merkt nichts, weil das Gespräch auf Englisch stattfindet, doch Annas Jugendliebe wird misstrauisch. Es kommt zu einer Prügelei und zu immer abstruseren Lügen, auf die nun Anna einsteigt, bevor sie weinend zusammenbricht.

Der Film sieht damit das Fundament einer Liebe begründet – aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen, denn die Anziehung der beiden wird nicht ausreichend ausgestaltet. Doch das erhoffte Glück ist ohnehin zum Scheitern verurteilt – Anna muss zurück in den Knast und Hoon hat den Ehemann seiner Kundin im Nacken. Wie es weitergeht, ist weder erfreulich noch verratenswert. Die letzte Szene, in die schon der Anfang des Abspanns eingeblendet ist, ist aber sehr hübsch geraten.

Tae-Yong Kim fängt die seelischen Abgründe, die die Geschichte frei Haus liefert, nur unzureichend ein. Rein optisch ist der Film mit aber sehr ansprechend: satte Farben, schöne Menschen und stilvoll in Szene gesetzte Schauplätze lassen die Zeit zumindest nicht lang werden

“Man Chu“ basiert aus einem verschollenen Film aus den 1960er Jahren und entstand in Zusammenarbeit mit dem Produzenten von damals. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, ihn in Form dieses Remakes zu reanimieren, wird wohl eine offene Frage bleiben müssen. Ich wage aber trotzdem eine Antwort: Nein, nicht wirklich.

* * 1/2

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