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Der stille, unauffällige und ziemlich farblose Biologielehrer Simon Wade (Kevin Zegers) trifft in seiner Freizeit junge Frauen mit Selbstmordabsichten, die er in einschlägigen Foren kennen gelernt hat. Er überredet sie dazu, ihren (vermeintlich gemeinsamen) Selbstmord auf seine Weise zu bewerkstelligen: durch das Abzapfen ihres Blutes. Simon füllt das Blut in Gläser, trinkt davon und bewahrt den Rest im Kühlschrank auf. Die toten Körper lagert er in Gefriertruhen in einem verschlossenen Trakt seiner Wohnung.
Simon teilt die Wohnung mit seiner kranken Mutter (Amanda Plummer), die er während seiner Abwesenheit in einem Zimmer gefangen hält, indem er ihr Schnüre mit sitzballgroßen weißen Ballons um den Bauch bindet, die an der Decke schwebend ihren Aktionsradius extrem einschränken.
Zwei Frauen bringen Simons Leben durcheinander: die Schwester eines Polizisten, die sich gleich als Simons Zukünftige gebärdet und auch in Simons Abwesenheit in der Wohnung auftaucht und auf die weggetretene Mutter einredet, und eine junge Selbstmordwillige, der er näher kommt als den Frauen, die er bisher getötet hat.
Autor, Regisseuer, Soundtrackkomponist und Kameramann Iwai Shunji hat zweifellos einen Sinn für ästhetische Bilder: Sehr geschmackvoll ist die Farbgestaltung in den Blutzapf-Szenen. Und auf effektvolle Weise ungewohnt ist die in manchen Szenen gekippte Kamera. Doch das macht nicht den großen Makel des Films wett: Was eigentlich mit der Geschichte bezweckt werden soll, bleibt diffus.
Der Film endet (nach einem unnötigen, wenn auch sehr ansprechend in Zeitlupe inszenierten Showdown) mit einer Szene in Simons Wohnung. Traum? Rückblende? Man will es nicht wissen.
Ob Simon nun wirklich ein Vampir ist oder ein hochgradig gestörter Mensch, lässt der Film offen. Man sieht Simon nur selten Blut trinken – und zweimal erbricht er es kurz darauf wieder. Ob es aber für den Film überhaupt von Bedeutung ist, ob Simon ein echter Vampir ist? „Vampire“ gibt darauf keine Antwort. Denn was Iwai Shunji mit der Blut- und Vampirmetaphorik nun eigentlich anstellen will, scheint ihm nämlich selbst nicht ganz klar zu sein.
Es heißt, Iwai Shunji habe in Japan einige herausragende Filme gedreht. Nach seinem amerikanischen Debüt „Vampire“ halt sich meine Lust darauf aber in Grenzen.
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