Re: Beste Alben des Jahres 2010

#7879029  | PERMALINK

Anonym
Inaktiv

Registriert seit: 01.01.1970

Beiträge: 0

@tom, mal was aus dem Glitterhouse Katalog kopiert, war mir Anreiz genug es zu probieren.

Tokyo Sex Destruction – The Neighbourhood

Tokyo Sex Destruction sind ein Quartett mit Heimat Barcelona. Sie könnten aber auch aus New York, Chicago, London oder Stockholm stammen. Seit 2003 veröffentlichen sie Platten, von Anfang an arbeiten sie an der Verfeinerung des siedend heißen Gebräus aus Garage-Rock, Punk und Soul. Mit politisch-revolutionären Tendenzen, schließlich hören alle Mitglieder auf den Nachnamen Sinclair, eine Hommage an John Sinclair, den legendären Black Panther-Führer und Manager der Detroiter Legende MC5.
Auf den ersten Platten ging es noch raubeinig geradeaus, der Soul kam hier aus dem Herzen, ansonsten fehlte es noch an der nötigen instrumentalen Finesse. Schon beim 2005er Werk 5th Avenue South zeigten sie sich enorm verbessert und spielten einen resoluten, energetischen, riffhaltigen Mix aus den haluzigenen Weiten der 60er und 70er.

Und nun The Neighbourhood. Fünf Jahre sind ins Land gegangen, die Band hat an jeder Milchkanne zwischen San Francisco und Moskau gespielt, jedes Jahr 150 Konzerte gegeben und mit RM Sinclair ein Groovemonster von Bassmann eingearbeitet, der zudem aussieht, als würde er die Pyrenäen-Ortsgruppe der Taliban leiten.

Produziert hat das Werk Gregg Foreman in den USA, dessen Band Delta 72 einen ähnlichen Sound favorisierte, bevor sie in die ewigen Jagdgründe einging. Für die Stag-O-Lee Variante hat das Quartett im Juni des Jahres noch einmal drei brandheiße und neue Studio-Songs eingespielt und sie als Bonus spendiert.

Eigentlich zeigt der Opener Dope & Love schon, wo die Reise hingeht. Explosives Tempo, Sixties-Orgel und Eddie-Hazel-Gedächtnis-Gitarren, von dichten Stakkato-Bläsersätzen nach vorne gepeitscht. Dazu ein Sänger, der seine Lux Interior-Lektionen gelernt hat, aber auch den Soulful-Shouter geben kann. Und richtige Ohrwürmer können sie mittlerweile schreiben und fett Druck reinpumpen, da reiht sich Perle an Perle (Cold Sweat –die Hölle!), durchweg höchst tanzbar, schwitzend, furios. Und immer dann, wenn man denkt, man kollabiert gleich, nehmen sie die Power raus, reiten auf einem Bassgroove und schieben kleine perkussive Interludes ein oder begeben sich auf psychedelisches Doors-Terrain. Nur um im entscheidenden Moment wieder Gas zu geben! Mörderisch!

Mit der Power von MC5, dem Soul von Sly & The Family Stone auf 45 und der Dynamik von Jon Spencer im Rücken spielen Tokyo Sex Destruction zackig-upgedateten Garagen-Soul und Rock’n’Roll mit groovender Funk-Kante. Prädikat: schweißtreibend genial. (rh)

„Psychedelischer Garagenpunkrocksoul von einem Quartett aus Barcelona, dessen Mitglieder alle auf den (Künstler-) Namen Sinclair hören.
Von John Sinclair, in den 60ern ein radikaler Anarchist, der als Führer der White Panther Party die totale Freiheit ausrief und als Manager der Detroiter Riffrock-Monster MC5 („Kick Out The Jams, Motherfuckers“) seine politische Attitüde auch via Rock’n’Roll auslebte, haben sich die vier von Tokyo Sex Destruction ihre Alias geborgt – was natürlich auch Erinnerungen an die Ramones evoziert. Denkt man sich noch den Funk der Hippie-Soul-Rocker Sly & The Family Stone und eine Prise Doors-Psychedelia hinzu, hat man ein ziemlich genaues Bild dessen, was sich in den 14 Tracks von THE NEIGHBOURHOOD abspielt: Es wird gerockt und gegroovt, dass sich die Balken biegen, die Riffs türmen sich so hoch wie der Sears Tower, die Tunes sind fiebrig bis hochinfektiös, Sänger RJ Sinclair gibt wahlweise Lux Interior oder Eric Burdon, Gitarrist RR Sinclair hat am Ende dieses Höllenritts gewiss keine Saiten mehr auf seinem Instrument. „Dope & Love“, „Cold Sweat“, „It Was ’69“ oder „Prodigal Stone Blues“ heißen die Songs. Ein Versprechen? Darauf dürfen Sie wetten.“ (Musikexpress. 4 1/2 Sterne)

--