Re: Howard McGhee

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gypsy-tail-wind
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Ich will jetzt nicht grad behaupten, nach Maggie’s Back in Town sei es mit McGhee bergab geganben, aber mir scheint, dass etwas verloren oder kaputt gegangen ist.

Im Mai 1962 entstand obiges Album mit Gene Ammons. Es ist zunächst als Nothin‘ But Soul unter Ammons Namen auf dem Label des Produzenten Paul Winley erschienen, später dann unter McGhees Namen al House Warmin‘, und dann wieder unter Ammons‘ als Heavy Sax erschienen. Das Begleittrio, das eigentlich ein Quartett ist, ist völlig unbekannt: Jake Fisher (g), Barney Richmond (b), Willie Mashburn (d) und Waco (bgo).
Die Winley-Story klingt, als wäre das mal was für die Jungs von Numero/Eccentric Soul!

„Housewarmin'“ ist ein entspannter Blues mit schönen Soli von McGhee und Ammons, einem kleinen Dialog der beiden… das Spiel von Fisher ist weiss Gott kein Lightblick… es geschieht hier überhaupt nicht besonders viel, McGhee wirkt verkrampft, das Lyrische ist aus seinem Spiel verschwunden, wenngleich sein Ton noch immer sehr schön ist. Er klingt hier mehr wie Blue Mitchell im Kontext von Orgel-Sessions, unspektakulär aber auch, ohne je wirklich aufhorchen zu lassen. „Jivin‘ Around“ ist eine schnelle Nummer, die Bongos stören, der Rhythmus wirkt sowieso schon überladen. Dann folgt „Nothin‘ But Soul“, über ein endloses Gitarren-Ostinato mit einem plumpen graden Beat. McGhee gibt sich Mühe, aber auch sein schönes zweites Solo will nicht so recht abheben – aber hie und da blitzt wenigstens etwas auf.
Das lange „Jug-n-McGhee“ folgt zum Abschluss, auch hier gelingt McGhee ein recht passables Solo zum Auftakt, ja auch nach Ammons‘ erstem Solo spielt er recht schön und die Exchanges machen Spass. Gegen Ende bessert das Album ein wenig – oder vielleicht hab ich mich einfach daran gewöhnt, wie diese Gruppe klingt…

Ammons kommt – wie redbeans in der Zwischenzeit geschrieben hat – mit der Situation sehr gut zurecht. Ihn brachte so schnell nichts aus der Ruhe!

Im Sommer bzw. Ende 1962 entstand in zwei Sessions ein Album, dessen Titel man wohl mit ein wenig Galgenhumor verstehen muss: Nobody Knows You When You’re Down and Out (United Artists), das McGhee vor einem Pfandleiher zeigt (mit einem Zettel an seinem Trompetenkoffer)… (und Hochwasserhosen und schön polierten Schuhen).
Die erste Session präsentiert ihn mit Jimmy Jones, Ron Carter und Art Taylor, aber leider ist von diesem tollen Trio recht wenig zu spüren. Die zweite Session fand dann mit Phil Porter, einem mir völlig unbekannten Organisten, sowie Larry Ridley und Dave Bailey statt. Die zehn Stücke (vier von der ersten, sechs von der zweiten Session) sind kurz und bleiben an der Oberfläche. Die Orgel klingt schwerfällig, will nicht so recht zu McGhees eigentlich ja sehr leichtem Ton passen – aber er klingt dennoch um Welten besser als auf dem Album mit Ammons (von dem er übrigens mit “Canadian Sunset“ hier eine Parade-Nummer interpretiert). Aber eben: Bossa, Shuffle… wenn man bös wollte, könnte man schon über „Dusty Blue“ sagen, es sei ein Lounge-Album, eine Art moderne Version von Billy Hackett – hier scheint der Vergleich noch einiges weniger abwegig. Auch die Ähnlichkeiten zum Spiel von Clark Terry scheinen wieder auf. Aber insgesamt klingt das bei allem Charme – und auch McGhees gestopfte Trompete – eben doch mehr nach mood music als nach Jazz, es fehlt der Geist der McGhee noch im Sommer 1961 auf „Maggie’s Back in Town“ so wunderbar beseelte.

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