Re: Clark Terry

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gypsy-tail-wind
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Noch viel entspannter als das Album mit Oscar Peterson ist die Session You Better Know It !!! von Lionel Hampton. Im Oktober 1964 fanden sich unter der Leitung von Bob Thiele ein paar Veteranen und alte Freunde im Studio von Rudy Van Gelder ein: Clark Terry (t), Ben Webster (ts), Hank Jones (p), Milt Hinton (b), Osie Johnson (d) sowie der Leader Lionel Hampton am Vibraphon und Gesang und auf dem weihnächtlichen Bonustrack „Swingle Jingle“ am Piano.
Ein schönes Album, in dem neben Hampton vor allem Webster mit tollen Soli glänzt, aber auch Terry fühlt sich hörbar wohl.

Clark Terry hatte früher in 1964 auch sein eigenes Album The Happy Horns of Clark Terry aufgenommen, an seiner Seite spielten Phil Woods, Ben Webster, Roger Kellaway, Milt Hinton und Walter Perkins (ich glaub ich könnte die LP kaufen, hab aber nicht auf das Preisschild geachtet… sicher nicht billig).

1965 entstand The Power of Positive Swinging, ein Mainstream Album mit Bob Bookmeyer. Das Quintett bestand diesmal aus Roger Kellaway (p) und zwei alten Mulligan-Kollegen Bill Crow (b) und Dave Bailey (d). Im Studio mit Bob Shad für Mainstream nahm die Gruppe kürzere Stücke auf als auf der 1961er Aufnahme mit Eddie Costa.
Roger Kellaway weiss mit seinem funky Spiel zu gefallen, die Band macht sich an alte Schlachtrösser wie „The Battle Hymn of the Republic“, Don Redman/Andy Razafs „Just an Old Manuscript“ und den Standard „A Gal in Calico“. Dazu gibt’s Basies „The King“ und ein paar Originals von Brookmeyer und Terry – darunter einmal mehr der „Simple Waltz“ (die Verve-Aufnahme war wohl noch nicht erschienen als dieses Album rauskam?). Die Musik ist mir allerdings eine Spur zu unbeschwert, die Stücke zu kurz, als dass Terry, Brookmeyer oder Kellaway richtig in die Vollen greifen könnten. Das gelingt am ehesten auf „Gal in Calico“ und dem abschliessenden „Just an Old Manuscript“. Eine schöne Session, die allerdings etwas gar harmlos geraten ist. Auch Brookmeyers Expressivität scheint etwas gezämt zu sein.

Ausserhalb der Reihenfolge, weil ich’s übersehen hatte… Ende 1961 traf Clark Terry auf den englischen Tenoristen Tubby Hayes. In New York entstanden an zwei aufeinander folgenden Tagen im Oktober die Aufnahmen, die als Tubby the Tenor auf Epic erschienen. Die Band bestand neben Tubby und Terry aus Horace Parlan (p), George Duvivier (b), Dave Bailey (d), sowie auf drei Stücken Eddie Costa (vib). Terry spielte nur auf vier der zehn Stücke, davon blieben allerdings zwei damals unveröffentlicht, die CD-Ausgabe The New York Sessions enthielt dann die sechs Stücke vom Album sowie vier Bonustracks, darunter auch Terrys „Simple Waltz“. Terry bietet auf seinen vier Stücken (er hat drei davon komponiert, zudem spielt er auf Tubbys „Half a Sawbuck“) einen guten Kontrapunkt zu Tubbys flüssig-robustem Tenorsax.

Ich hab’s oben schon erwähnt: Ed Thigpen gehörte zu den ganz grossen und skandalös unterschätzten Drummern. 1966 erhielt er bei Verve die Chance, ein Album einzuspielen: Out of the Storm. Thigpen scharte eine exzellente Band um sich: Clark Terry (t,flh), Kenny Burrell (g), Herbie Hancock (p), Ron Carter (b), produziert hat Creed Taylor. Ich liebe dieses Album seit ich’s zum ersten Mal gehört habe (die Verve Elite Edition CD erschien 1998, ich hab’s wohl seit ’99 oder ’00) und ich finde es noch immer ein unheimlich frisches Album.
Es beginnt south of the border mit „Cielito Lindo“, Thigpens Rhythmen sind fein aber unheimlich mitreissend, er spielt mit sehr speziell gestimmten Toms und arbeitet sehr melodisch damit. Burrell klingt warm, Hancock war in jenen Jahren sowieso ohne Fehl und Tadel, einer der frischesten, lyrischsten Pianisten überhaupt. Das zweite Stück „Cloud Break (Up Blues)“ ist eine Miniatur aus Thigpens Feder, ein kurzes Drum-Feature.
Das Titelstück, auch von Thigpen geschrieben, fängt mit lautmalerischer Musik an… der Sturm wird heraufbeschworen, Terry spielt sein Mundstück, Burrell und Carter spielen frei, Thigpen trommelt und wirbelt… und dann löst sich daraus ein sehr lyrisches Thema, die Band spielt gedämpft, Carters Bass trägt die Musik, Terry und Burrell spielen schöne Soli… gegen Ende löst sich die Musik dann wieder auf in einer ganz ruhigen freien Passage. Die erste Seite des Albums endet dann mit dem Thema des Films „Harper“, einer eingängingen Melodie von Johnny Mandel.
Die wztie Seite besteht aus drei etwas längeren (4-6 Minuten) Stücken – das Album ist insgesamt ziemlich kurz. Auf „Elbow and Mouth“ spielt Burrell über seinen Blues ein schönes akkordisches Solo, bevor Terry auf seinem Mundstück soliert. Dann soliert Thigpen wieder, über Carters Bass und ein wenig rhythmische Klopf-Sounds und gelegentliche Akkorde Burrells… er bedient wieder seine Toms (mit dem Ellbogen nehm ich an) und erzeugt damit sehr schöne Effekte, die sich perfekt ins musikalische Geschehen einbetten.
„Heritage“ ist das dritte und letzte Thigpen-Original des Albums, es beginnt mit einem kurzen Schlagzeugintro. Hancock setzt hier aus, Terry und Thigpen sind auch mit ihren Stimmen zu hören… Carter spielt ein minimales Basslick (zwei abwechselnde Töne) während Burrell mit gedämpfter Gitarre eine rhythmische Begleitung darüberlegt (wie das auch oft Barney Kessel und Herb Ellis bei Oscar Peterson gemacht haben). Terry spielt ein expressives Solo, angetrieben von Thigpen.
Als Closer spielt die Gruppe Louis Armstrongs „Struttin‘ with Some Barbecue“, es schliesst den Bogen zum fröhlichen Opener „Cielito Lindo“, Terry setzt aus, Burrell spielt ein schönes Solo mit singendem Ton, es folgt Hancock und dann Eights mit Hancock, Burrell und Thigpen. Das Album endet im Dialog, und das passt, denn die Gruppe wirkt enorm eingespielt, entspannt und vertraut im Umgang.
Anscheinend wurde auch Hancocks „Maiden Voyage“ eingespielt, fand den Weg aufs Album aber nicht… ist leider zu befürchten, dass nichts erhalten ist, denn die Verve Elite CDs enthielten in vielen Fällen Bonustracks, wo sich Material dazu fand.

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