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SokratesUm genau zu sein, sind mir nur „Goodbye England“ und „Hope in the Air“ als Kompositionen aufgefallen; die anderen acht Tracks würden in einer wohlmeinenden Besprechung wohl als „atmosphärisch dicht“ beschrieben werden, der schmeichelhaften Formulierung, die man nutzt, wenn nichts richtig schlecht ist, das Material aber auch nicht so richtig ins Ohr geht.
Ich höre das ganz anders. Für mich ist „I speak because I can“ das, was schon mit dem Cover deutlich wird: Ein ernstes, tiefgreifendes, sinnliches, betörend eindringliches Album. Entgegen dem Vorgänger sind die bunten Melodien sicherlich etwas in den Hintergrund getreten, Marling baut hier mehr auf Schattierungen, auf Nuancen, der Anschlag ist auch etwas dunkler, gereifter, bei Tracks wie „What he wrote“ fühle ich mich fast an die besten Tracks von Sandy Denny, etwa „The music weaver“ oder „Here in silence“ erinnert. Aber es bleibt doch nie bei den Anklängen: Etwa „Alpha shallows“ oder „Devil’s spoke“ klingen treibend und staubig, Marling peitscht die Songs bis zum Flug an; gerade dieses Temperament macht die Platte für mich zu einem Meilenstein. Und dabei sind die Kompositionen immer voller Leben, gehen unkonventionelle Wege, wandeln zwischen klassichen Songs und Spuk. Von den ausgeifelten Arrangements (etwa am Ende des Titeltracks, wenn das Klavier einsetzt und alle Trümpfe aufeinmal ausgespielt werden) ist m.E. auch der Nachfolger eine gute Spur entfernt; dort gibt es große Songs, aber die Geschlossenheit, Zerbrechlichkeit, Finesse, schlicht verstörende Anmut von „I speak because I can“ wird letztlich doch nie erreicht. Top #5, niedriger mach ich’s nicht.
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Hold on Magnolia to that great highway moon