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Comeback oder Stagnation auf ordentlichem Niveau? Für beide Sichtweisen kann man auf dem neuen Album von R.E.M. Belege finden. Diejenigen, die Collapse Into Now für das beste R.E.M-Album seit New Adventures In Hi-Fi (1996!) halten, können darauf verweisen, dass die Band in den 15 letzten Jahren selten so entschlossen klang und diesmal – anders als auf Accelerate (2008!) – nicht produktionstechnisch vom ersten gleich in den fünften Gang geschaltet hat. Die Skeptiker wiederum können einwenden, dass manche Songs auf Collapse Into Now mehr Sorgfalt und Liebe zum Detail verdient hätten.
Es stimmt: Einige Refrains setzen durch ihre Flachheit eigentlich gelungene Lieder in ein schlechtes Licht (Discoverer, It Happened Today). Darüber hinaus wirken die Lyrics im Vergleich zu früheren Großtaten gelegentlich belanglos: „It happened today, hooray, hooray“, hätte weder auf Murmur (1983!) noch auf Automatic For The People (1992!) Platz gefunden. Aber dasselbe Lied enthält auch eine so großartige Zeile wie: „We’ll leave the allegory to another bible story, out of deference, defiance and choice!” Mit Überlin ist R.E.M. zudem ein Song für die Ewigkeit gelungen: Hier fließt alles so nahtlos ineinander wie früher. Man hat den Eindruck, dass Überlin die Geschichte von Find The River zu Ende erzählt: Nach vielen Experimenten und Irrwegen sind R.E.M. angekommen – in Berlin.
Unberechtigt ist der Vorwurf, das Album bestehe aus einer Ansammlung von Selbstplagiaten. Nur weil Peter Buck mal wieder die Mandoline ausgepackt hat, ist Collapse Into Now nicht Out Of Time (1991!). R.E.M. haben es verstanden, auf klassische Elemente ihrer Musik zurückzugreifen und sie überzeugend in einen neuen, schlüssigen Kontext zu setzen. Nichts hier klingt genauso wie ein früheres Album, aber einzelne Elemente erinnern den dankbaren Zuhörer daran, warum er die Band seit vielen Jahren großartig findet. Seit vielen Jahren hat man ein neues R.E.M.-Album nicht mehr so gerne und so oft gehört wie Collapse Into Now. Genauer gesagt seit New Adventures In Hi-Fi.
***1/2
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.