Re: 2010 | Eure Lieblingstracks des Jahres

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mikko
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Ich glaube, tolo, der Begriff „fremdschämen“ wird hier eher in dem Sinn verwendet, wie ihn die Kommunikationswissenschaftlerin Nadia Zaboura beschreibt:

Hinter dem Phänomen »fremdschämen« steht ein Einfühlungsprozess, in dem eine Person A sich an Stelle einer anderen Person B schämt. Person B ist sich der schämenswerten Situation nicht bewusst, Person A aber durchaus. Aus dieser peinlichen Berührtheit für die Situation, in der Person B sich unwissend befindet, schämt sich Person A also stellvertretend für diese.

Hierbei soll der Akt des Fremdschämens nicht als eine altruistische Leistung angesehen werden. Stattdessen fühlt sich Person A eher unfreiwillig beschämt, da solche Situationen meist aus dem sozialen Rahmen fallen und erst dadurch die Fremdscham ausgelöst wird.

Ein Beispiel: Einem Staatsmann ist das Toupet deutlich sichtbar verrutscht, während er gestikulierend eine Rede hält. Den Personen aus dem Publikum, denen dieser Sachverhalt auffällt, wird diese peinliche Situation bewusst, sie schämen sich für den Staatsmann – ganz besonders, wenn ihnen die Konsequenzen dieses ungewollten Faux-Pas (Pressegewitter am nächsten Tag) bewusst werden und speziell wenn sie dem Redner positiv gesinnt sind. Wenn dem nicht so ist, werden die »Sehenden« eher Schadenfreude empfinden.

Wichtig ist, dass das Phänomen der Fremdscham kein (teil-)automatisierter Prozess ist, so wie es bei der klassischen empathischen Einfühlung ist. Bei letzter greifen verschiedene Bewusstseinsstufen ineinander: von der rein biologischen, unvermittelten, unbewussten Aktivierung einfühlender Spiegelneurone bis hin zum bewussten internen Nachspielen von gesehen sozialen Situationen inklusive ihrer Bedeutungsdimension.

Fremdscham ist genau so ein Nachagieren, ist also immer ein bewusster Prozess, in dem Brüche zum sozial Verhandelten, dem sozial »Normalen« und damit der Norm festgestellt und deren Konsequenzen prospektiv durchlebt werden.

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