Re: The Beach Boys

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satiee

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nail75Wenn Du Dein Abfeiern der Beatles beendet hast, kannst Du ja mal darüber nachdenken, dass zahlreiche erfolgreich Künstler der damaligen Zeit avantgardistische Elemente in ihre Musik aufgenommen haben oder zumindest eine Offenheit demonstriert haben, die man in späterer Zeit nur ausnahmsweise fand (abgesehen vielleicht noch von den frühen 80er/späten 70ern). Beispiele gibt es en masse.

Darüber hinaus finde ich, dass „Avantgarde“ eigentlich der falsche Ausdruck ist. Es ist eigentlich viel eher das Album als Kunstform, das bei Smile im Mittelpunkt steht. Avantgarde im eigentlichen Sinn höre ich da keine, dafür zahlreiche symphonische Ansätze im Sinn einer aus „orchestralen“ und „choralen“ Elementen zusammengesetzten Collage. Avantgardistisch war das vornehmlich im technischen Sinn.

Es steht ja jedem frei, die Augen davor zu verschließen, aber „The Smile Sessions“ ist weder ein gescheitertes Album noch wird hier ein Mythos kommerziell ausgeschlachtet. Stattdessen ist ein beeindruckendes und faszinierendes Dokument eines letztlich gescheiterten Projekts, unfertig und fragmentarisch zweifellos, aber dennoch Ausdruck überbordender Kreativität, musikalischer Entdeckungsfreude und Wagemut, der letztlich nicht belohnt wurde.

@nail- es steht rockhistorisch völlig ausser Zweifel, dass sich Brian Wilsons Genius, von BEATLEs ‚Rubber Soul‘ beeindruckt, im extrem ehrgeizigen Willen befand, das geniale Team Lennon/McCartney zu überragen. Seine Energie für
‚Petsounds‘ rührte nur daher. Niemand beteuert das mehr als er selbst bis
heute !
Die Single-Hits von Petsounds (‚wouldn’t it be nice’/’sloop john b’/’god only
knows‘) beherrschten den Sommer 1966! Daran kann ich mich persönlich sehr gut erinnern.
Denn weiterhin ging es in den Zeiten noch darum, wer die besten Singles
zum Hit macht – nicht wer ein Top-Album rausbringt. Dafür hatten wir kids
damals viel zu wenig Geld in der Tasche !

Selbst BEATLEs ‚Revolver‘ wurde vorerst noch als relativ schwer zugängliches
Novum von uns kids erlebt, in das wir uns, immernoch 1966, erst reinhören
mussten! Der genialste ausgekoppelte single-hit davon war ‚yellow submarine‘.
Dennoch argwohnte Brian Wilson, dass ‚Revolver‘ ein weiteres, unerwartetes
Potential (trotz Petsounds) barg, das ihn nicht ruhen liess. Nichts sonst
spornte ihn immer verrückter an.

So folgte sein unbestrittener Geniestreich ‚GOOD VIBRATIONS‘ als Single
der Beach Boys noch im Oktober 1966, ohne dass irgendjemand wusste,
was sich dahinter verbarg.
Denn niemand wird bestreiten, dass allein mit diesem songtitel bereits der
spätere slogan des 1967’er SUMMER OF LOVE‘ übergreifender vorweggenommen wurde, als es den Beatles 1967 mit ihrem Knüller ‚All You Need is Love‘ je gelang.

Frühjahr 1967 verbreitete sich das Gerücht, die BB’s arbeiteten an der bislang teuersten
single aller Zeiten namens ‚Heroes and Villians‘.
Parallel arbeiteten die BEATLES bereits emsig an Sgt. Pepper.
Als H+V’s dann offiziell erschien, fand allseits eine Enttäuschung statt. Was hinter
den Kulissen der Band damals bereits abging, wusste niemand. Von einem
Album namens „SMILE‘ war keine Rede.

Alle Welt aber – und das ist ‚ ultimative Rockgeschichte‘ – erinnert sich an den Tag,
als BEATLES Sgt.Pepper erstmals durch die Radios ging ! Im Sommer 1967.

Also geschätzter @nail75: niemand muss hier irgendein ‚Abfeiern der Beatles‘
erstmal beenden, wenn es vor allem um die parallele Beurteilung der Beach Boys und
deren zeitgleich unzweideutig missratenem Album SMILE geht.

Der Begriff der ‚Avantgarde‘, da stimme ich Dir zu, wird hier in beiden Band-Fällen ohnehin verfehlt bemüht.

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