Re: Bryan Ferry – OLYMPIA

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pink-nice

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STRONGER THROUGH THE YEARS………. um es mit einem Song aus dem 1979 ‚Manifesto‘ Album zu sagen. Kaum noch zu erwarten hat Bryan Ferry noch einmal sehr tief eingeatmet, sich mit einer Vielzahl alter Weggefährten aus Roxy Music Tagen (Eno, Macky, Mazanera), alt bewährten Mitmusikern und Produzenten (Rogers, Gilmour, Nye, Davies) und neuen Mitstreitern (Flea, Greenwood, Groove Armada, Scissor Sisters) zurück gezogen, gebastelt und ein zeitloses Meisterwerk ausgeatmet, mit dem zumindest ich nicht mehr gerechnet habe. Stilistisch zwischen Roxy Musics ‚Avalon‘ und den Soloplatten der 80ern angesiedelt, überrascht ‚Olympia‘ sehr sehr positiv mit seinem Stil, seiner Produktion (Rhett Davies, Eno), seiner Klasse und der Qualität der Sounds und Songs. Nichts wirkt dabei altmodisch, obwohl alle Zutaten dafür vorhanden sind.

YOU CAN DANCE setzt direkt in den ersten Takten mit der Remiszenz an AVALON die Bühne, von drei Bassisten rhythmisch getrieben und mit vielschichtigen Lead und Rhythmus Gitarren. Die exquisite Vorabsingle ist aber einer der schwächeren Songs. Ferry reiht leicht vorträgliche Upbeat Popsongs wie HEARTACHE BY NUMBERS (unverkennbar Dave Edwards, mit einem Fast Coldplay Intro und einem simplen aber effektiven Refrain), oder die eher zeitgemässen BF BASS und SHAMELESS, an bewährte komplexere Songs, mit dem für mich besten Songwriting seit Jahren, im Ferry Kontext müsste man eigentlich Jahrzehnte sagen und wundervollen Coverversionen. NO REASON NO RHYME ist so ein Kandidat, ein langes, von Piano und Keyboards getriebenes langsames Stück, das den Zuhörer mit Samt umschmeichelt und einwebt, „That look in your eye / the brush of your cheek / these are the moments in life that I seek,“ schmachtet Ferry mit fast brüchiger Stimme. David Gilmour’s wundervolle Gitarren untermalen den Untergrund, um dann in ein zweiminütgen Intermezzo freien Lauf zu bekommen und von der Leine gelassen zu werden. Den restlichen Raum fühlen die schwergewichtigen weiblichen Backingvocals mit ihren oohs und aahs. Mit dieser Nummer käme niemand durch, ausser eben Ferry, und bei ihm wird es ein Diamant. Oder SONG FOR THE SIREN, ein Buckley Song, den schon Mortal Coil vor Jahren gecovert haben und der hier quasi zum Roxy Music Revival wird und wie auf den Leib geschneidert wirkt. Bereits nach wenigen Takten setzt kaum wahrnehmbar Mackays Oboe ein, für den wahren Roxy Music Fan ein Fest, mir kamen nicht nur bildlich die Tränen beim ersten Hören ;-). Die eher langsameren Stücke wie TENDER IS THE NIGHT und ME OR MYE zeigen Ferry auch textlich von der introvertierten Seite und offenbaren wiedermal eines, Bryan Ferry ist niemand, der Songs am Fliesband schreibt, der sich manchmal schwertut mit dem eigenen Songwriting. Wenn es ihm aber dann gelingt, dann wird es kein Mittelmass, sondern eine Perle.

Olympia ist sinnlich, vielschichtig gestrickt, sophisticated – ein sich ruhendes Stück Musik, das das bekannte Ferry Universum noch einmal zusammenfasst, mit verführerischen sich erhebenden Gitarren, sonischen Soundkollagen und einem meist sanften manchmal vorantreibenden Rhythmus. Natürlich mit Ferry’s eleganter Stimme im Mittelpunkt, same as it ever was. Ein zeitloses Meisterwerk und Statement, das genau dieses „same as it ever was“ nocheinmal zusammenfasst und so hell erstrahlen lässt, dass es die Hoffnung erweckt wird, dass es nie verglühen wird. Oder um es mit der feinen poetischen Anspielung und Schlussfolgerung aus NO REASON NO RHYME zu sagen:

„No reason or rhyme, no chance or design, just a dance to the music of time.“

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Wenn ich meinen Hund beleidigen will nenne ich ihn Mensch. (AS) „Weißt du, was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem was du machst. Und wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo es am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“