Re: Dusko Goykovich

#7762885  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,045

Bin vorgestern unverhofft im Second Hand Laden über die mir zuvor unbekannte CD „Portrait – A 70th Birthday Celebration“ gestolpert und musste sie natürlich mitnehmen:

(Enja ENJ-9427 2, 1991)

Sehr schöne Zusammenstellung von unveröffentlichtem und rarem: zum Auftakt „But Not for Me“ im Duo mit Oscar Pettiford, dann „Love for Sale“ mit Monica Zetterlund (sowie OP am Cello, Lucky Thompson, Hans Hammerschmid, Fred Dutton, Hartwig Bartz), beide aus Baden-Baden und das erste zuvor auf einer Delta Music Veröffentlichung, das zweite unveröffentlicht.
Dann folgen drei längere Stücke aus dem Domicile vom 23. Januar 1973 mit der damaligen Band: Ferdinand Povel (ts,fl), Larry Vuckovich (p), Isla Eckinger (b) und Clarence Becton (d). Zum Auftakt das wunderschön vorgetragene „I Remember Clifford“, dann „Inga“, ein Bossa mit Povel an der Flöte (tolles Solo!) und Vuckovich nach Duskos Thema die Solisten sind, und zuletzt „Tell It Like It Is“, eine erdige Hardbop-Nummer mit Povel am Tenor und einem weiteren tollen Solo von Vuckovich.
Als nächstes hören wir „Adriatica“, einen Alternate Take von „Soul Connection“ (der anscheinend auf Vinyl schon veröffentlicht war), die Band ist auch wieder erstklassig: Jimmy Heath (ts), Tommy Flanagan (p), Eddie Gomez (b) und Mickey Roker (d) begeleiten Dusko auf dieser schönen Ballade.
Dann folgt mit „One for Klook“ ein weiterer Alternate Take, diesmal von der „Bebop City“ Session mit Abraham Burton (as), Kenny Barron (p), Ray Drummond (b) und Alvin Queen (d) – und hier zum ersten Mal zu hören. Sehr schön, die Dusko/Burton das zickige Bop-Thema im Unisono vorstellen und Queen Dampf macht. Burton gefällt mit einem satten Ton, der an Cannonball erinnert, auch Barron spielt ein schönes Solo. Abgesehen von „I Remember Clifford“ sind die Stücke der drei letztgenannten Sessions übrigens alles Dusko Originals.
Zum Abschluss zwei lange Stücke aus einer unveröffentlichten Aufnahme vom Bayerischen Hof am 21. April 1999 (warst Du dort, Alex?) mit Steve Gut (t), Tony Lakatos (ts), Bora Rokovic (p), Branko Pejakovic (b) und Dejan Terzic (d). Zuerst spielt die Gruppe Djalma Ferreiras „Recado Bossa Nova“ – ein Stück, dessen Charme ich gerne wieder mal erliege. Lakatos fügt sich gut ein, ohne zu übertreiben mit seinem fetten Sound, sein Solo wird von den beiden ziemlich ähnlichen Trompetensoli eingebettet… Dusko dürfte der erste Solist sein, bin aber keineswegs sicher – sehr lyrischer Ton jedenfalls. Das zweite Solo passt besser auf die Beschreibung in den Liners, dass Steve Gut von Clark Terry stark beeinflusst sei. Nach einem eigenartigen kurzen Piano-Solo von Rokovic folgen die obligaten Fours der drei Bläser mit Terzic.
Der Closer der CD ist Duskos „Balkan Blue“, das seiner 1997er Doppel-CD mit Gianni Basso bzw. dem NDR Orchester (arr. Palle Mikkelborg) den Namen gab. Ein hübsches Thema, das mit Balkan-Motiven (und ich nehme an Skalen) spielt und streckenweise auch über einen Bossa/Samba-ähnlichen Beat präsentiert wird. Die Reihenfolge der Soli dürfte nochmal dieselbe sein – also ich vermute beide Male: Dusko, Lakatos, Gut – wobei Lakatos keineswegs zweifelhaft ist, klingt ja gar nicht nach Trompete… hier fährt er massiveres Geschütz auf, baut ein mit Bedacht konstruiertes und Coltrane-geprägtes Solo auf, das sehr intensive Momente hat. Dann Gut – und das hier klingt nun stark nach Clark Terry – mit einem verspielten Solo.

Und weil mir diese CD so gut gefallen hat, hab ich jetzt grad ein halbes Dutzend weitere Dusko-CDs hervorgesucht!

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba