Startseite › Foren › An die Redaktion: Kritik, Fragen, Korrekturen › Das aktuelle Heft: Lob und Tadel › ROLLING STONE Oktober 2010 › Re: ROLLING STONE Oktober 2010
nail75Es wird Dich nicht überraschen, dass ich das ganz anders sehe. Ich bleibe dabei, dass sich der Grundanspruch an Musik, den der RS hat, nicht mit den Onkelz verträgt, genausowenig wie mit Modern Talking, Stephan Mross, Wolfgang Petry, den Amigos oder den Flippers. Irgendwo muss man eben die Grenze ziehen. Das ist aber nicht alles!
Was mich im obigen überlangen Post aber massiv ärgerte, was das larmoyante Einfordern einer Beschäftigung mit der Musik und die Kritik, wenn man dem nicht nachkäme, wäre das „faschistoid“ (!) und eine „bewusste und selbstgewählte Einschränkung und Limitierung des öffentlichen Diskurses“.
Es ist also „faschistoid“, wenn die Redaktion einer Band, die zumindest eine heftige, schmutzige Affäre mit Neonazis hatte, die Beachtung verweigert? Wer mit einer so idiotischen Argumentation hier hausieren geht, der muss sich über heftigen Gegenwind nicht wundern.
Was siehst du als schmutzige Affäre mit Neonazis an ? Die onkelz sind einfach nicht Störkraft, auch wenn das wohl immer noch gerne viele hier so sehen möchten. Es gab nie irgendwelche Kontakte in die Neonazi – Szene. Es gab nie ein veröffentlichtes Musikstück, dass rechtsradikal genannt werden könnte. Es gab einfach nie ein wirkliches Faktum, was diese Band zu einer unberührbaren Gruppe hätte machen können. Die Reaktionen auf die Band sind einmalig überzogen und uninformiert. Du darfst mir aber gerne FAKTEN nennen, die mich entkräften…
Ich habe mich sehr intensiv mit der Gruppe beschäftigt, auch im Laufe meines Studiums, habe über die Jahre ca. 25 Konzerte der Gruppe besucht und die Bandmitglieder persönlich kennengelernt. Und es erschreckt mich immer wieder aufs neue, auf welchen unbegründeten Hass und auch auf welche Polemik man stossen muss, wenn man sich öffentlich moderat über deren Gewichtung im deutschen Kunstverständnis äußert…
Und: Es ist nicht faschistoid. Es ist faschistoider. Ein Unterschied. In meinem Text geht es um einen Zusammenhang, nicht um eine Wertung. Noch einmal: Ich halte den vollständigen Ausschluss dieser Band aus jeglicher musikalischen Auseinandersetzung, die sonst im RS stattfinden könnte, für deutlich näher an den Funktionsweisen eines doktrinären Systems, als ALLES was es überhaupt an Schatten in der ganzen Karriere der onkelz zu bemängeln geben könnte. Das war meine Aussage. Und zwar, dass der Umgang mit den Verfehlungen der Gruppe um Längen doktrinärer ausfällt, als die eigentlich zu kritisierenden Punkte in der Frühphase der Band zwischen 1982 und 85…
Auch erstaunt es mich, weshalb gerade diese Gruppe auch jetzt noch immer so stark zu polarisieren versteht. Wenn man keine Probleme damit hat, dass Lemmi im Heft vorkommt (der ja bekanntlich ein eifriger Sammler gewisser WW2 Devotionalien ist), wenn es einen nicht zu Heftverbrennungen schreiten lässt, wenn man noch immer die Stones bespricht (immerhin haben diese ja nicht nur Some Girls aufgenommen, sondern auch noch mit dieser Nazitruppe die Bühne geteilt), und wenn man die Beschäftigung mit Sido, Bushido & Co. als akzeptabel einstuft, dann sollten die onkelz doch inzwischen zumindest diskussionsfähig sein…
Aber dein nächster Beitrag wird mich bestimmt auch schon eines Besseren dahingehend belehren können…
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STANdground.