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gypsy tail windNa ja, wenn ich einen schlechten Hardbop-Tag habe fast alles, was so zwischen ’56 und ’66 bei Blue Note rauskam… besonders die meisten 60er Alben von Lee Morgan (den ich unabhängig davon als Trompeter sehr mag), vieles von McLean (da allerdings eher die früheren Sachen, so bis ’62… Horace Silver (aber der hat irgendwie eine immer herauszuhörende Handschrift, eine strengere Ordnung als die meisten anderen), Art Blakey… all das halt, das dann so ab ’59 oder ’60 spätestens keine eigene Ausdrucksform mehr war sondern eine Repetition von Floskeln und Formalismen. Schlimmer wurde es dann nach Lee Morgans Hit mit „The Sidewinder“, als fast jedes Blue Note Album eine solche Funk-Nummer enthielt… natürlich erschien weiterhin tolle Musik, und an wohlgesinnten Tagen höre ich gerne auch vier oder fünf Morgan oder Blakey Alben am Stück an! Es gibt bei mir einfach Phasen (manchmal Tage, manchmal Monate), in denen ich diese Musik nicht ausstehen kann (und das betrifft dann auch Mobley oder Tina Brooks oder Sonny Clark).
Ich weiß was Du meinst, ich bewerte das aber gänzlich anders. Für mich ist in gerade jenen LPs der typische BN-Sound zu hören, der sich nicht zuletzt durch altbekannte Session-Musiker und den längeren Probenzeiten sowie der oft schematischen Stückauswahl auszeichnet. Diesen Sound höre ich persönlich aber nie Klischeebehaftet, sondern immer ureigen und echt. Der Unterschied mag aber einfach an unseren unterschiedlichen Hörgewohnheiten liegen, oder an der Musiksozialisation, oder was auch immer.
Langweilig finde ich die LPs fast nie und dass fast jedes BN-Album eine Funknummer gehabt haben soll, finde ich ohne das nachprüfen zu wollen reichlich oberflächlich.
Summing up: Es fehlen natürlich so wechselhafte Musiker wie auf anderen Labels, dafür gibt es so etwas wie einen Grundsound und das ist für mich nichts schlechtes. Hinzu kommt, dass Hard Bop durchaus „mein“ Genre ist.
gypsy tail windIch hatte wie gesagt einen lange Post vorbereitet, als mein Browser abstürtzte… zu den späteren Aufnahmen: die Sessions, die auf „No Room for Squares“, „The Turnaound“ und „Straight No Filter“ zu hören sind gehören a auch zu meinen liebsten, sonst hast Du wohl grad die schwächeren der 65-70er Alben aufgeführt, da sind auch noch „Thinking of Home“, „Hi Voltage“ und eben „Straight No Filter“.
Dass Du „The Turnaround“ so anders hörst als „No Room for Squares“ hab ich etwas Mühe, nachzuvollziehen, da die beiden Alben sind ja teilweise von den Sessions her überschneiden (auf „Straight No Filter“ gibt’s von allen drei Sessions noch mehr, sowie eine zusätzliche spätere Session mit Tyner, die mir auch gefällt).
Ich bin ja kein chronologischer Hörer, da ich mich fast ausschließlich nach den LPs richte. Alles andere wäre für mich schlicht nicht zu bewältigen. Daher kann ich nichts zu diesem Punkt sagen. „The turnaround“ mag ich jedoch gerade deswegen nicht, da es im Grundton ein kommerzielles und zuweilen auch seichtes Album ist. Die „Turnaround“-Band um Hancock spielt ja auch nur auf zwei Stücken bei „No room for squares“, die gerade auch die schwächsten darauf sind. Ich mag das Zusammenspiel von Mobley und Hill, da letzterer zeigt, dass er den Blues kann und ersterer eindrucksvoll beweist, dass seine Tage nicht vorbei sind. Heraus kommt schöner und auch moderner Hard Bop.
Das etwas traurige an Mobley ist, dass er die frühere Konsistenz später vermissen lässt und sich hin und wieder musikalischen Trends unterwirft. Das lässt durchaus vorhandene, schöne Aufnahmen etwas in den Hintergrund treten. „A slice of the top“ ist in der Tat eine sehr gute Session und hätte seinerzeit unbedingt veröffentlicht werden sollen.
gypsy tail windAber insgesamt ist wohl 1960 die Wasserscheide… da beginnt sich auch Mobleys sanfter Ton zu verändern, er gerät dann später wohl auch unter Coltranes Einfluss (damit war er ja nicht allein), sein Ton wird härter, weniger flexibel, seine Linien verlieren ein wenig, was die lyrische Qualität betrifft.
Aber „Soul Station“ gehört für mich zu den „desert island“ Alben. Mit „Workout“ und „Roll Call“ konnte ich nie ähnlich warm werden, obwohl sie natürlich beide auch sehr gut sind. Kann gut sein, dass das an Burrell bzw. Hubbard liegt, ich mag nämlich Kelly sehr und auf „Soul Station“ ist für mich eigentlich alles perfekt.
„Workout“ hat sich mir ebenfalls noch nicht erschlossen. Irgendwie funktionieren Burrell und Mobley darauf nicht wirklich. Steht aber auf meiner Liste des Nachhörens ganz oben. („Another workout“ habe ich noch nie gehört, Du?). „Soul station“ und „Roll call“ kann ich dagegen nicht voneinander trennen, auch wenn Monate zwischen den Aufnahmen liegen. Hubbard als Verstärkung finde ich äußerst gelungen, liegt aber auch daran, dass Hubbard eben einen weit höheren Stellenwert bei mir innehat. Hubbard ist insgesamt etwas vordergründiger als Mobley. An dieser „Rollenverteilung“ könnte es auch liegen?!
Wäre schön, wenn Du noch Zeit für den langen Post findest.
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III