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Anonym
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Herzlichen Dank, dass Du hier weitermachst, gypsy! Da habe ich mir auch gleich »Crescent« aufgelegt, die ich noch nie recht angehört habe, bin mit Coltrane ohnehin elend zurück. Egal, »Wise One« ist wirklich eines der phantastischsten Stücke, das ich kenne; das entwickelt sich alles so sicher und leicht und diese Leichtigkeit – trotz oder wegen aller Differenzierungen und ›Abweichungen‹ – lässt bei keinem nach, als sei das so etwas wie, na ja, ihr Dialekt. Tyner perlt, Jones ziseliert, Garrison fliegt und Coltranes Tenor hat mir selten so gut gefallen wie hier und auf dieser Platte überhaupt. Und auch wenn ich mich damit jetzt leichtfüßig in die Nesseln setze: »Wise One« rangiert bei mir gleich neben »Nature Boy« von Pepper, Flanagan, Mitchell und Higgins, ich finde die Stücke auch gar nicht so unähnlich … Sehr schön auch das Ende von The Drum Thing und also dem Album: da nimmt doch Coltrane Jones nach seinem schönen Furor in der Gelassenheit an die Hand, die dieses Album für mich so freundlich macht.
Aber eigentlich wollte ich das hier schreiben: Coltrane Reference bezieht sich ja wahrscheinlich auf die Originalausgabe von Kahn, ich habe nur die Übersetzung, das dürfte dann S. 144f. sein: Ich tippe es mal ab:
»An jenem Abend Mitte September spielte Coltrane ein Stück, das er kurz zuvor komponiert hatte und an dem er immer noch feilte. Er zählte die Musik an, und eine halbe Stunde später hielt Tiberi [Frank Tiberi, ›ein junger Saxophonist und Coltrane-Fan aus der Nachbarschaft«, den hat Kahn kurz vorher zitiert, weil er dabei war] den Beweis dafür in Händen, welchen Zauber ein angenehmes nächtliches Ambiente hervorzubringen vermochte. Abgesehen von dem Wert, den das Band als Vorläufer der A Love Supreme-Aufnahme besitzt (die unverkennbare Melodie von ›Resolution‹ ist darauf bereits deutlich zu hören), enthält es verblüffende Beispiele für Coltranes experimentellen Stil Ende 1964.
›Der Junge sucht eindeutig nach etwas‹, meint der Saxophonist und Produzent Bob Belden dazu und verweist zum Beispiel auf die aufsteigenden, vom Harfenspiel beeinflussten Skalen, die Coltrane in seinem ersten Solo auf dem Band spielt. Tatsächlich hatte Coltrane das klassische Instrument seit kurzem zu Hause aufgebaut und ermunterte Alice, ›Harfe zu lernen‹. Bei seiner zweiten Improvisation (entsprechend dem Vorrecht des Bandleaders, für das abschließende und gewöhnlich spannungsreichste Solo noch einmal an die Rampe zu treten) lässt Coltrane die für ihn typischen Registerwechsel mitten im Lauf hören: Er springt aus dem unteren in den oberen Tonbereich des Saxophons und wieder zurück, ein faszinierendes Ruf-und-Antwort-Spiel, mit dem er das Publikum in hörbares Entzücken versetzt. […]
Zehn Wochen später, bei der Aufnahme im ruhigeren Umfeld des Studios, ist das Tempo etwas höher. Aus der 32:20 Minuten langen, in b-Moll gespielten Livedarbietung im Pep’s ist eine flottere, gut sieben Minuten lange Version in es-Moll destilliert worden. Der Deckel der Tonbandschachtel mit der 7 1/2-ips-Kopie der Session verrät zudem, dass der endgültige Take von ›Resolution‹ das Ergebnis von sieben Anläufen war.«
Im Original hört sich das vielleicht besser an – Du wirst Deinen Eindruck haben. Jedenfalls auch bei Kahn nichts über die weiteren Aufnahmen im Pep’s.
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