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Herr RossiHatten wir schon mal. Ich finde ja süß, wie er [Joachim Kaiser] „Charts“ ausspricht und mit welcher Höflichkeit er dem Anfrager in seiner „Gewissensnot“ beistehen möchte. Sein Ansatz ist ja auch nicht so verkehrt, nur sollte er bedenken, dass auch Popmusik eine Musik mit einer eigenen Entwicklungs- und Ideengeschichte ist und mit vielfältigen kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Bezügen und eben nicht nur der Britney Spears-Hit, der gerade im Radio läuft. Er versteht halt Pop so wie Canzione: Nicht.
Aber versteht er denn klassische Musik, wenn er sie als hauptsächlich referentiell begreift? Auch deren Qualitäten liegen darin, ihre Zuhörer zu begeistern, erschüttern, anzurühren, und nicht im Beziehen auf frühere Musikhervorbringungen.
Er sagt eigentlich nichts anderes, als daß Klassische Musik so toll ist, weil ihre Komponisten auf den Schultern von Riesen stehen. Das tun die Komponisten der Britney-Spears-Songs allerdings auch. Die wollen nur nicht an die Decke stoßen.
MikkoUnd Rockmusik kann richtig schlecht sein, sie bleibt trotzdem Rock. Ein richtig schlechtes Stück Popmusik dagegen verliert für mich den Pop Charakter und ist also nur noch ein schlechtes Stück Musik.
Das ist aber nun völlig ungeeignet für jede Art von Definition. Selbst da, wo ein Genre mit einem selbstpostulierten Anspruch antritt, stimmt das nur selten. Schlechte Liedermacher-Hervorbringungen sind eben immer noch schlechte Lieder eines Liedermachers und nicht plötzlich etwas anderes (Schlager z.B.) und verlieren nicht als „ein schlechtes Stück Musik“ jeden Bezug zu seinem Anspruch und seinem Schöpfer bzw. dessen Situation.
CanzionePop-Musik, hier ist die Grenze zum Erfolg erreicht – weil sie flach ist. Der Erfolg basiert unter anderem darauf, dass sie Klischees verwendet und ironisiert.
Ach nee. Ich würde mal behaupten, daß mindestens 50% der Popmusik völlig unironisch ist.
Herr Rossi
Popmusik kann aber weit mehr und den Hörer tatsächlich auch zu neuen, aufregenden Sounds hinführen. Beispiele: Phil Spectors „Wall Of Sound“, Burt Bacharachs elegant-melancholischen Produktionen, die kühlen elektronischen Sounds von Kraftwerk, The Human League und anderen Synth-Pop-Acts der 70er und frühen 80er, die Pop-Exegese des Ska durch The Specials und Madness, die Gitarren-Elegien der Smiths, die Dancefloor-Explorationen von Chic und Daft Punk, das Genre-sprengende Oeuvre von Prince, die futuristisch-abstrakten Sounds von Timbaland usw. usw. usw. DAS ist Pop.
Das ist AUCH Pop. Du argumentierst wie einer, der zur Demonstration, was ein Comic ist, MAUS von Spiegelman rauszieht.
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