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In meinen Augen verliert sich die Definitionsdiskussion in eine Art ‚Definitionsunmöglichkeit‘. Sie lässt ausser 8 , uns Mitte 2010 längst in einer grossen Erlebnisdistanz von den ausschlaggebenden Jahrzehnten der zweiten Hälfte des XX.sten Jahrhunderts zu befinden, in denen die Unsummen Stile + Kreationen einst entstanden und sich verzweigten.
Aus diesen gehabten Zeiten definierten und entwickelten sich jeweils die Begriffsinnovationen. Ab den 50ern unzweifelhaft der „rock’n’roll“ in den
USA. Von Lennon/McCartney ist überliefert, daß sie zeitgleich durch Seeleute in die Hände dieser Schallplatten gelangten und davon inspiriert wurden.
Ab den 60’ern entwicktelten sie daraus, was folglich BEAT + „beatlemania“
auslöste. Zeitgleich schied sich daraus der „deutsche Schlager“ ab, weil
er auf „deutsche Sprache“ bestand. Es entstand die klare Distanz zwischen
BEAT-CLUB und der ZDF-Hitparade. @Herr Rossi trifft es auf den Punkt,wenn er sagt, ab ca. Mitte der 1960’er gab es eine weitere ‚Zeitenwende‘, als
durch Hendrix+Co von nun ab von ROCK-Musik gesprochen wurde. Dies
veränderte nicht die ZDF-Hitparade und ihre Klientel, aber bescherte dem BEAT-Club im Prinzip das Ende seiner gehabten Bedeutung.
Nach den Schocks der frühen 1970er (Ende der Beatles/Tod von Hendrix/
Joplin/Morrison), entstand alsbald im ZDF Ilja Richter’s „DISCO-show“, die
ein umstrittenes Splitting deutscher und englischer „Stars“ incl. Abba usw. servierte, wogegen der nicht genug zu lobende WDR den legendären „ROCKPALAST“ ins deutsche TV-Leben rief. Die Historie gibt’s auf DVD.
UDO Lindenbergs Revitalisierung der deutschen Sprache als rockmusiktauglich passierte parallel ab 1974.
Interessiert bleibend erlebte + registrierte ich persönlich ab ca. 1977 wieder neue Klänge nicht nur v. d. Sexpistols, sondern auch von Alben Brian Eno’s
gemeinsam mit Robert Fripp, Peter Gabriel und Phil Collins. In Deutschland
formten sich um 1980 dito neue Trends um bands wie KRUPPS, Einst. Neubauten oder DAF, aus denen sich alsbald ‚poppig‘ die NDW entwickelte.
Aus England wurde ich mehr als hellhörig für Alben von WIRE, FLYING LIZARDS, SIOUXSEE. „Live“ erlebte ich ’81 i.d. HH-Markthalle ein Konzert von
CLASH, das an ‚Brutalität‘ innerhalb des Publikums immens war. Zeitgleich
auch dort ein Konzert von Gianna Nannini, das traumhaft ITALO-ROCK
zelebrierte.
Bereits seit diesen 1980’ern verloren sich in meinen Augen mehrend die noch vorher halbwegs auseinanderhaltbaren Differenzierungen, die diverse, klassische Defintionen zuließen.
Von der einstigen Quelle ist längst alles in ein Meer übergegangen, aus dem sich seither alle möglichen Varianten erangeln lassen, wie es jedem am
meisten beliebt…weshalb sich unendlich um den ‚besten Fang‘ gestritten
werden kann.
Heute – 2010 – habe ich eingestanden längst den Überblick über alles
verloren, das auf diesem Meer weitermacht. Fast wöchentlich tauchen ‚Neue‘ auf, um mitzuschimmen. Nicht ‚mal mehr klar ist noch, was „mainstream“ ist oder nicht.
Mehr noch gewinne ich nach rund 50 Jahren miterlebten Hörgnüssen den Eindruck, daß ‚diese freie Art Musik‘, ihre Leute und ihre fans sich endlich und problemlos offen zur „Kommerzialität“ bekennen sollten.
Die Zeit war für mich spätestens seit Beginn des 21.Jahrhundert’s dafür reif, als davon die Rede war, THE STROKES hätten einen ’neuen Impuls‘ zurück zur ‚klassischen e-musik‘ als 4man-band geschaffen – was seither ein werbewirksamer Volltreffer wurde, da sich daraus international und besonders
in Deutschland „deutschsprachige“ bands wie „Wir sind Helden“/“Silbermond“/
„Klee“/“Juli“ usw. eindimensional nach dem Motto vermehr(t)en:“das ist die perfekte Welle“.
Das eigentliche „Repertoire“, auf das sich ein ca. 3 – 5-minütiger song seit mehr als 40 Jahren beläuft, ob er nun ein Schlager, ein Pop- oder Rock-song ist, scheint sich seit inzwischen mindestens 20 Jahren unbemerkt beliebig um den immer gleichen Kreis drehen zu lassen, ohne das ’neues‘ noch geschehen muss. Lediglich die jeweils mit/nachwachsenden youngster-fans bilden ca. alle 15 Jahre (man nennt das „eine Generation“) dafür die kalkulierbar ‚emotional ausbeutbare‘ Klientel.
Von einem ‚musikalischen Gedächtnis‘ hinsichtlich der stilistischen Gleichheit, von denen ‚diese Art Musik‘ inzwischen industriellen Gebrauch macht, wird
bewußt nicht ausgegangen.
Im Kontext zu diesem thread hielt ich diese Betrachtung einmal für erwähnenswert.
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